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Januar 13, 2016

Recruiting-Filme von Wow bis Au: Mitarbeitende als Held:innen machen noch lange kein Storytelling

Der Siegeszug des Storytellings ist auch an der Königsdisziplin des Personalmarketings nicht spurlos vorbei gegangen: Während Image-Filme herkömmlicherweise Kund:innen und Öffentlichkeit wort- und bildgewaltig von der Brillanz eines Unternehmens überzeugen sollen, wollen Recruiting-Filme den erlesenen Nachwuchs ansprechen und für die Thronfolge begeistern.

So auch der Recruiting-Film des saarländischen Unternehmens Fire Protection Solutions, dessen eigenwilliger Storytelling-Ansatz unserem HR-Blogliebling arbeitgebermarkenfreunde kürzlich eine Erwähnung wert war. Auf dessen Frage, ob es sich dabei um gutes oder schlechtes Personalmarketing handelt, antworteten 70% der Leser:innen mit einem klaren Urteil: Daumen runter.

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Die ambitionierte Story ist da, woran hapert es im Recruiting-Video also?

Die Mitarbeiter:innen werden als Helden betitelt, die einzelnen Arbeitsbereiche metaphernreich angeteasert. Als Bewerber:in erlangt man nach dem Genuss des Clips trotzdem den Eindruck, die Firma suche nicht etwa nur die eierlegende Wollmilchsau wie alle anderen. Nein. Mindestens eine fingerfertig-intellektuelle Superhelden-Mischung aus Batman, Spiderman, Superman, Einstein, Sokrates, Muhammad Ali und (Überraschung!) Casanova sollte der Bewerber schon mitbringen. Wem da nicht das Anschreiben im Halse stecken bleibt, möchte angesichts dieser übertriebenen Anforderungen vielleicht schmunzeln. Die dramatische Hintergrund-Musik, die pathetische Werbe-Stimme und die theatralischen Kamerabilder in Slow-Motion wirken jedoch zu gewollt, um witzig gemeint sein zu können.

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In puncto Storytelling fallen dem geübten Auge zudem konzeptionelle Ungereimtheiten auf: Technisch gut gemacht und bebildert, textlich ausgefeilt und mit phantasievoller Metaphorik erzählt – trotzdem wollen Bild und Ton nicht ganz zueinander passen. Während der Erzähler die Superkräfte von Comic-Helden aufzählt, sehen wir langweilige Büroszenen mit der austauschbaren Ästhetik von Stockfotos. Dabei haben alle gezeigten Mitarbeiter:innen sicher ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Warum kommt also keiner dieser echten Büroheld:innen zu Wort?

Eierlegender Wollmilch-Superheld vs. privat engagierter Alltagsheld

Wunderbar passend greift das Video zu Beginn zwar die Parallele zum Superhelden auf, die sich beim Thema „Feuerschutz“ anbietet. Potentiell der Beginn einer guten Story. Allerdings hätte diese im Laufe des Clips stringenter verfolgt werden können. Ein schönes Beispiel, wie Mitarbeiter:innen in kurzen Geschichten als Alltagsheld:innen ihrer Position gezeigt werden, ist der Unternehmensfilm der Meyer Logistik:

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Hier sind die Abgebildeten nicht nur Mitarbeiter:innen, sondern Menschen mit Leidenschaften, deren Arbeitsphilosophie mit den Metaphern ihrer echten Hobbys veranschaulicht wird. Sie wirken somit nahbarer, sympathischer und authentischer. Wer hätte gedacht, dass der passionierte Tangotänzer seine Kompetenz der verinnerlichten und trotzdem variierenden Schrittfolgen auch in seiner IT-Position nutzt? Oder die Finanzbuchhalterin als Freiwillige bei der Feuerwehr hier wie da Brände löscht? Als der Azubi von seiner Passion der Musik-Produktion erzählt, drehen die bis dahin subtilen Hintergrundklänge zu einem satten Beat auf und wir sehen Mostafa in gediegenem Licht an seinen Reglern drehen. Stimmungsvoll, visuell und akustisch bleibt der Beat-Azubi im Kopf.

Der Film zeigt auf angenehm unaufgeregte Weise überraschende Mitarbeiter-Geschichten abseits von Klischees, die mit Herz und Witz erzählt werden. Ton und Schnitt unterstützen die Erzählgeschwindigkeit und die Dramaturgie der Geschichte auf beinahe natürliche Weise. Dieser Film braucht keine Superlative, um überzeugend zu sein oder übertriebene Vergleiche, um zu unterhalten. Durch die unaufgeregt transportierte Menschlichkeit wirkt die Aussage hochgradig sympathisch: man möchte mit dem engagierten Kraftfahrer angeln gehen und mit dem kompetenten Qualitätsmanager zum Geo-Caching!

Recruiting-Stories: Weniger Umfang, mehr Tiefgang

Recruiting-Filme müssen keinen Blockbustern nacheifern, weniger ist mehr. Dass Coolness samt ernster Recruiting-Botschaft in nur 57 Sekunden motivierend und unterhaltsam zugleich transportiert werden kann, zeigen auch die Clips zur Altenpflege-Kampagne „Gepflegt in die Zukunft“. Dem Feuerschutz-Recruiting hätte ein einzelner Superheld gereicht, der etwa von seinen alltäglichen Heldenaufgaben berichtet. Gerne auch mit etwas Witz oder dem obligatorischen Cape, Augenzwinkern muss schließlich nicht gleich fehlende Professionalität bedeuten.

Amüsant und dennoch eindringlich sind beispielsweise auch die Spots rund um „Das Handwerk“:  zum Beispiel in einer Art Handwerks-Apokalypse, herrlich absurd mit nackten Menschen im wüsten Nichts endend. Ein schönes Resümee der Handwerks-Gilde: der „Azubi-Rap“, ironische Persiflage und bodenständige Abrechnung mit allzu hip gemeinten Videos zum Nachwuchsgewinn. In jedem Fall braucht Storytelling in Recruiting-Filmen mehr Menschlichkeit und Sympathie, schließlich albert selbst Batman zum Ausgleich ab und an mit Robin herum und ist ohne Maske auch nur Bruce Wayne.

Die richtigen Kandidat:innen wurden gefunden. Und jetzt? Wie aus Bewerber:innen echte Teamplayer werden, erfahrt ihr in unserem Beitrag über Storytelling im Onboarding.

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