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Februar 12, 2016

Bloggerinterview – 13 Fragen an Philipp Vogt von Witness This

PhilipStadtaffe_SUP43231. Erst einmal die Fakten: Wie heißt du, wie heißt dein Blog und worum geht es dort?

Mein Name ist Philipp Vogt. Unser Blog heißt WITNESS THIS und ist ein Kreativ-Magazin. Bislang publizieren wir auf Englisch. Wir kuratieren auf dem Blog herausragende Leistungen und Persönlichkeiten aus diversen Feldern zeitgenössischer Kultur. Dabei versuchen wir links und rechts vom Mainstream zu bleiben und eher junge aufstrebende Talente zu fördern. Wobei das sicherlich ein fließender Übergang ist. Es sind schon auch immer wieder ein paar große Namen dabei, allerdings kennen die dann meist nur Liebhaber bzw. Fachleute. Kanye West und seine Frau wirst Du bei uns jedenfalls nicht finden.

2. Wie hast du deine Nische gefunden?

Ich habe eher das Gefühl, die Nische hat mich gefunden. Der Blog wurde bereits 2010 in Los Angeles, Kalifornien, gegründet. Die Gründer sind allesamt Kreativschaffende – ein Kollektiv aus befreundeten Fotografen, DJs, Autoren, Designern… Sie alle wollten eine Plattform schaffen, um sich selbst und andere Künstler zu kuratieren und auf spannende Menschen zuzugehen. 2013 wurde ich von den Gründern gefragt, ob ich als Redakteur mit einsteigen will, was ich tat. 2014 habe ich als Einziger in der Truppe mit BWL-Hintergrund den Blog als Haupteigentümer übernommen. Seitdem leite ich die Geschäfte, unterstützt von zwei amerikanischen Teilhabern der ersten Stunde. Mein ganzes Leben schon fühle ich mich angezogen von Kreativität in all ihren Ausdrucksformen. Wahrscheinlich bin ich deshalb auch nach dem Studium in der Werbung gelandet. Und ich hatte immer Bock zu schreiben, aber mir fehlte die Plattform. Auf einmal war alles da. Es war wie 1+1 zusammen zählen.

3. Was zeichnet deinen Blog aus, was unterscheidet ihn von anderen?

Wir kuratieren mit Liebe, sehr persönlich und mit Nähe zum Künstler. Ich glaube das merken unsere Leser. Wenn ich „wir“ sage, benutze ich bewusst den Plural, denn obwohl es neben mir nur noch zwei weitere Eigentümer in L.A. gibt, lebt in WITNESS THIS ein kollektiver Geist. Es gibt viele WITNESS-THIS-Kollaborateure weltweit, wir sind also auch so etwas wie ein internationales Künstler-Netzwerk. Wir sind kein Ego-Blog, sondern ein „Wir“-Blog. Wir möchten, dass Leute uns anschreiben mit Ideen und uns ihren Kram schicken. Gastautoren und Nachwuchstalente sind herzlich willkommen, werden allerdings auch sehr kritisch geprüft. Wir lassen nur Leute auf unseren Blog, die zu uns passen.
Jeder Autor bringt seinen eigenen Stil und Geschmack ein, so ergibt sich ein schönes Gesamtpanorama der zeitgenössischen Kreativlandschaft, wenn Du auf unseren Blog gehst. Manche von uns sind eher avantgardistisch unterwegs, andere wiederum sind Spezialisten, wieder andere Allrounder. Was die Formate angeht, so findest Du bei uns nicht nur schnell produzierte Galerien, sondern auch aufwendig produzierte Künstlerporträts mit Tiefgang.

Wir bekommen extrem positives Feedback von Lesern, die uns für unseren ausgezeichneten Geschmack loben. Ich sehe uns gerne in dieser Rolle eines Geschmacksimpulsgebers.

Wir sind dabei kein Kunst-Blog, sondern ein Kreativ-Blog. Das ist ein wichtiger Unterschied. Wir verstehen uns nicht als Kunstexperten. Dafür sind wir nicht ausgebildet und das ist auch nicht unser Anspruch. Wir zeigen Euch einfach, was wir cool finden. Und meistens sagen wir Euch auch, warum.

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4. Wie viel Zeit investierst du pro Woche in deinen Blog?

Das schwankt und ist abhängig davon, wie viele Projekte ich parallel neben dem Magazin laufen habe. Der Blog, bzw. die Zeit die ich in den Blog investiere, muss ich gegenfinanzieren. Das tue ich zurzeit hauptsächlich mit diversen Honorartätigkeiten. Ich fahre ein flexibles Geschäftsmodell, was mir viel Freiheit ermöglicht. Wenn ich nicht gebucht bin, mache ich den Blog in Vollzeit.
Auch am Wochenende schreibe und kuratiere ich oft. Aber das fühlt sich meist nicht wie Arbeit an.

5. Welche Plattformen benutzt du und warum?

Wenn Du damit die Aktivierung der Inhalte meinst, dann schwerpunktmäßig facebook, Instagram, Soundcloud, Twitter. Damit erzielen wir ca. 75% unseres Traffics. Wir haben auch Pinterest und einen Tumblr. Ich muss aber gestehen, dass Letztere zurzeit schlecht gepflegt sind. Seit ich übernommen habe, achten wir auch strenger auf SEO-Optimierung der Artikel. Aber da sehe ich noch viel Verbesserungspotenzial.

6. Wie viele Klicks erhältst du so am Tag und wie baust du Reichweite auf?

Auch das schwankt. Unsere Stammleserschaft ist noch recht überschaubar. Pro Monat rufen zwischen 8.000 und 30.000 Stammleser WITNESS-THIS.com auf, auf facebook haben uns knapp 6.000 Leser abonniert. Wir sind also das, was man einen „Underground“-Blog nennen könnte. Das ist aber nur das Grundrauschen. Wir haben starke virale Ausschläge nach oben. Wir hatten seit meiner Übernahme zwei virale Volltreffer mit über 3 Millionen Seitenaufrufen weltweit. Alles organisch, ohne einen Cent auszugeben. Ich sage mal ganz selbstbewusst: das soll mir bei VICE oder Axel Springer erst mal jemand nachmachen.

7. Was braucht man, um einen Blog erfolgreich zu machen?

Gute bis exzellente Inhalte, unternehmerische und redaktionelle Denke und einen sehr langen Atem. Ach ja, und Talent.

8. Bloggst du hauptberuflich?

Ja und nein. Der Blog ist als Gewerbe angemeldet. Er ist in der Form wie ich ihn übernommen habe jedoch für einen Solitär zu breit. Das habe ich sehr schnell nach meiner Übernahme gemerkt und entsprechend meine Strategie geändert. Mir war klar, dass das, was ich vorhabe, nur mit einer Finanzierung und einem festen Team in Vollzeit funktioniert. Also haben wir das Produkt „WITNESS THIS“ konzeptionell weiterentwickelt und an Verlage gepitcht. Wir waren zum Vorsprechen eingeladen bei zwei der größten Verlagshäuser in Deutschland. Beide haben aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht eingekauft. Ich bin mit dem Ergebnis allerdings sehr zufrieden. Die Resonanz war gut und wir haben wichtige Erkenntnisse gewonnen.

Zusammengefasst: was Du heute siehst, wenn Du auf unsere Seite gehst, ist WITNESS THIS, ein Nischen-Blog für kreative Köpfe. Wir füttern ihn, wann immer es unsere Zeit zulässt. Aber wir haben noch keine Kapazitäten, um ihn in der Schlagzahl zu betreiben, die ihm gebührt. In der Schublade liegt ein Konzept, aus WITNESS THIS eine coole, internationale Medienmarke zu machen. Aber dafür müssen wir erst noch ein paar Hausaufgaben machen und die richtigen Investoren finden. Bis es soweit ist, verdiene ich meinen Lebensunterhalt als Marketing- bzw. Unternehmensberater und Studiosprecher unter der Flagge meines Blogs.

9. Mit welchem anderen Blogger würdest du gerne mal zusammenarbeiten?

Jason Silva. Aber nicht, weil er thematisch zu uns passt, sondern weil er ein lässiger Typ ist und ich sein Weltbild mag.

10. Der wichtigste Tipp an Unternehmen, die Blogger-Relations aufbauen wollen?

Achtet auf Marken- und Zielgruppen-Fit. Macht es dem Blogger leicht, Eure Botschaften bzw. Produkte in sein natives Umfeld zu integrieren. Das heißt: respektiert seinen Duktus, seinen Stil, seine Formate. Stellt konsequent die Interessen des Lesers in den Mittelpunkt. Stellt Euch die Frage: was kann getan werden, um alle drei beteiligten Parteien – Leser, Blogger und Unternehmen – in eine echte, langfristige Win-Win-Win-Situation zu bringen? Das ist kein Hokuspokus, sondern möglich, wenn man es richtig anstellt.

11. Mit welchem Unternehmen würdest du gerne zusammenarbeiten?

Wir haben bislang auf Monetarisierung des Blogs verzichtet, und zwar mit Absicht. Im Medienbereich benötigst Du Jahre, sogar Jahrzehnte, bis Du die Kuh melken kannst. Schau Dir VICE an, die haben über 20 Jahre gebraucht, und auf dem langen Weg haben ihnen hunderte Kritiker gesagt, dass sie es nicht packen werden. Heute sind sie eine der wertvollsten Medienmarken der Welt.

Das bedeutet nicht, dass ich keine gesponserten Posts oder Bannerwerbung annehmen würde, unser Geschäftsmodell sieht das durchaus vor. Aber ich habe es damit nicht eilig. Und ich lehne alles ab, was zu sehr nach aufdringlicher Werbung riecht und nicht im Interesse des Lesers ist. Ich möchte mit meinem Blog dazu beitragen, dass wir eine neue Ära der Werbung einläuten. Kundenzentrierte Mehrwerte und Markenartikler als Sponsoren von hervorragender Unterhaltung.

Wenn Banner, dann nur Marken, die wir aus vollem Herzen mögen, selbst konsumieren und aufrichtig empfehlen. Das wären aktuell Designer wie Acne oder Filippa K, Streetwear-Senkrechtstarter wie ZANEROBE, kreative Veranstalter wie Berlins KaterBlau, oder auch ästhetisch orientierte Lifestyle-Marken, wie Heineken. Fallweise sicher auch kreative Klassiker wie adidas und Nike. Und in Zukunft auch mehr und mehr nachhaltige Marken.

12. Was ist deine liebste Anekdote aus dem Bloggeralltag?

Obwohl wir noch recht unbekannt sind, haben wir schon mit einigen großen Namen exklusiv gearbeitet. Darauf bin ich stolz. Das ist schon ein ziemlich geiles Gefühl, wenn Du als kleiner Popel-Blog offenbar einen solchen Respekt genießt, dass Du von Künstlern wie Android Jones exklusiv auf seine Farm in Colorado eingeladen wirst. Wir haben auch die australische Band Miami Horror zu Hause besucht, die Jungs haben 200.000 Abonnenten auf facebook und uns gewiss nicht nötig. Der Oscar-Preisträger Sven Sauer, der die Spezialeffekte für die US-Serie GAME OF THRONES macht, fand WITNESS THIS so gut, dass er uns weltexklusiv seine neuen digitalen Kunstwerke hat veröffentlichen lassen. Und das alles mit nur 6.000 verkackten facebook-Abonennten! Irgendwas scheinen wir also richtig zu machen.

Am stolzesten bin ich jedoch auf eine Sache, die nichts mit Ruhm zu tun hat. Ich habe den GIF-Künstler DarkAngelØne per Mail interviewt. Der Typ nimmt surreale Kunstwerke von anderen Künstlern und macht die abgefahrensten Animationen daraus, ein absolutes Internet-Phänomen mit einer beträchtlichen Fan-Gemeinde. Während unserer virtuellen Unterhaltung erzählt er mir ganz beiläufig im Nebensatz, dass er fast komplett blind ist, und nur mit Hilfe einer speziellen Apparatur sehen und am PC arbeiten kann. Ein Fakt, den er bis dato vor den Medien geheim gehalten hatte. Stell Dir das vor! Dieser Mann, der die weltweite Internetgemeinde mit seinen atemberaubenden Bildern auf Trab hält, ist BLIND und keiner weiß es. Ich fand die Geschichte so ermutigend für behinderte Menschen, dass ich ihn zu einem Coming Out überredet habe. Nach einer Zeit des Nachdenkens willigte er schließlich ein, da er mir vertraue, wie er sagte. Einige Monate nach Veröffentlichung unseres Artikels bekam ich eine Mail von ihm, in der er mir für meine Beharrlichkeit dankte. Er teilte mir mit, dass dank uns die Huffington Post und ein brasilianisches TV-Magazin mit einer Einschaltquote von 60 Millionen Zuschauern auf ihn aufmerksam geworden sind. Auf einmal wollten alle über den blinden Künstler berichten. Seitdem bekommt er Post aus aller Welt. Viele Organisationen aus der blinden Gemeinschaft danken ihm und nennen ihn eine Inspiration für Sehbehinderte, ihre Träume zu verfolgen. Wenn ich seine Dankes-E-Mail heute jemandem vorlese, kommen mir immer noch die Tränen. So etwas kannst Du mit Geld nicht bezahlen.

13. Deine Tipps für jemanden, der einen Blog starten möchte?

Mach zuerst das BLOG CAMP vom Kollegen Sebastian Canaves. Da lernst Du das Basiswissen von der Pike auf. Erwarte nicht, dass Dein Blog unmittelbar Geld verdient. Ein Magazin KOSTET Geld. Es ist die Vermarktung der Reichweite, die Dir irgendwann Geld bescheren KANN. Aber das dauert.

Und: komm bloß nicht auf dieselbe bescheuerte Idee wie ich und bloggt in einer Fremdsprache. Mein Englisch ist gut, aber es kostet dennoch sehr, sehr viel Kraft… Du wirst damit nie Dein volles Potenzial ausschöpfen. Das geht nur in Deiner Muttersprache.

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