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Juli 5, 2016

Falschmeldungen ziehen einfach: Ingrid Brodning, die Macht der Lügen und warum nachhaltige PR so wichtig ist

Falschmeldung - Wahrheit oder Pflicht_v2

Es ist kurz nach 14 Uhr, frisch angekommen auf der re:publica, schnell verdrückte ich noch eine kleine Portion Pommes und dann geht es auch schon los mit meinem ersten Vortrag. Die Auserwählte: Ingrid Brodning. Sie ist Österreicherin, Medienredakteurin beim Nachrichtenmagazin Profil und eine Expertin im Bereich Netzpolitik. Ihr Vortragsthema: Nichts als die ‚Wahrheit’ – Warum Lügengeschichten so gut funktionieren. Während der Titel „Nichts als die Wahrheit“ mich im ersten Moment an einen US-amerikanischen Thriller oder auch die Autobiografie von Dieter Bohlen erinnerten, war mir schon klar, dass dieser Beitrag mehr inhaltliche Tiefe hat, als der Film, wie auch die Literatur des DSDS-Papstes. Weg von den Begleitumständen hin zu den „hard facts“: Es geht um Lügen, es geht um Falschmeldungen. Wie entstehen Falschmeldungen und welche Auswege gibt es? Gibt es überhaupt eine Lösung für die Verbreitung von Unwahrheiten?

Vom Gerücht zur Falschmeldung: Der lange Weg einer Lüge

Als Einstieg wählt die 32-Jährige ein persönliches Beispiel, als sie vor einiger Zeit zum Thema „Lügenpresse“ recherchierte und sich mit Menschen traf, die gegenüber den Medien eine besonders kritische Attitüde an den Tag legten. Sie äußerte sich überaus besorgt, über die Dinge, die gerade um sie herum geschehen – Stichwort: Islam. Sie quäle sich tagein, tagaus mit Zweifeln – doch woher diese Zweifel? Ist es das Internet? Nein. Das Internet ist nicht mehr als ein Katalysator. Sie führt ein Beispiel an: Im November 2015 kursierte eine Meldung, dass in Schweden ein Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Bürgerkrieg in Schweden? „Bitte was?“, dachte ich mir, schließlich ist Schweden für mich eines der friedlichsten Länder, die ich jemals besucht habe. Die Masse an islamischen Migranten sei der Auslöser dafür gewesen.

Schlecht kopiert: Wie Medien Wahrheiten verdrehen

Doch das Medium hatte die Meldung lediglich von brd-schwindel.org kopiert und aufgenommen. Der dortige Quellenverweis bezog sich auf schweizmagazin.ch, das Auffällige dabei: Auch hier wurde die Meldung schlichtweg übernommen. Und es ging sogar noch weiter, denn die nächste angegebene Quelle ist Powdered Wig Society. Auch hier reichte es, die Meldung zu übernehmen, doch die Verfasser hatten sich in diesem Fall sogar die Mühe gemacht den englischen Beitrag zu übersetzen – nun ja, wenigstens ein kleiner journalistischer Anteil. Wiederum stützte sich der Inhalt des Beitrags auf Jews News, einer islamfeindlichen Plattform. Das Ende dieser Kette stellt RT.com bzw. Russian Today dar, eine russische Webseite. Und zur Überraschung ihrer Recherche stellte sich heraus, dass der ursprüngliche Beitrag wenig mit der Meldung selbst zu tun hatte. Es ging schlichtweg um Brandanschläge auf schwedische Asyleinrichtungen. Jews News sind also die Übeltäter, sie machten aus einem Brandanschlag auf Migranten einen Bürgerkrieg. Während Russian Today einen Beitrag veröffentlichte, der wenig mit einem Bürgerkrieg zu tun hatte, haben sich viele Medien angeschlossen und daraus eine große Geschichte gezaubert. Eine Geschichte voller Lügen, eine Geschichte die leider zieht. Leider zeigt sich in dieser Geschichte, dass journalistische Recherchen weniger von Interesse sind, als die Meinung von Verschwörungstheoretikern. Doch wie kann diesen Lügen, die Luft zum atmen genommen werden?

Lösung 1: Statt Wiederholung – Die richtigen Korrekturen

Es kam das Gerücht auf, dass Barack Obama ein Moslem sei. Diesem Gerücht fehlt es an jeder Grundlage. Trotzdem sprangen zahlreiche Leute auf die Meldung an. Doch wie sollte reagiert werden? „Nein, Barack Obama ist kein Moslem“ – das ist die falsche Herangehensweise. Besser: „Nein, Barack Obama ist Christ“, bei einer Wiederholung der falschen Aussage besteht die Gefahr, dass diese dann auch hängen bleibt.

Lösung 2: Die Gegenstrategie

Es ist ausgeschlossen, dass alle Menschen innerhalb einer Demokratie das Gleiche denken. In den USA gibt es viele Personen, die den Klimawandel infrage stellen. Was machen die Politiker, welche die Erderwärmung durchaus auch sehen? Sie verbinden Werte miteinander und legen dar, dass wenn die Amerikaner keine umweltschonenden Technologien entwickeln, werden es beispielsweise die Deutschen machen und wirtschaftlich profitieren. Dadurch kommen Kritiker und Befürworter auf einen Konsens.

Lösung 3: Am Ende hilft nur noch der Jurist

Ein Beispiel für juristische Maßnahmen gegenüber Falschmeldungen ist die österreichische Grünen-Politikerin Eva Glawischnig. Zitate wie „Schutzsuchende müssen das Recht haben auf Mädchen loszugehen! ‚Alles andere wäre rassistisch Flüchtlingen gegenüber!‘“ wurden ihr in den Mund gelegt und überfluteten die Presse. Wohl gemerkt: Die Zitate waren frei erfunden. Solche Hetzkampagnen sind mehr als bedenklich und erfordern nur eine Maßnahme: juristische Nachverfolgung.

Zu guter Letzt führte Brodning an, dass Lügen nie aussterben würden. Vor allem Facebook hat in dieser Thematik eine bedeutende Rolle inne. Allerdings gibt es Mittel und Wege den Fälschern ihre Schandtaten zumindest ein Stück weit zu erschweren. Doch – nur gemeinsam sind wir stark, das ist mir spätestens seit diesem Vortrag mehr als klar. Danke, Ingrid.

Fazit: Auch in der PR sind Wahrheiten wichtig wie nie

Bei all den politischen Dilemmas, die aus der Verbreitung von Falschmeldungen resultieren – auch die Öffentlichkeitsarbeit darf sich nur auf Wahrheiten stützen. PR-Agenturen und Inhouse-Abteilungen schicken täglich tausende E-Mails an Journalisten aus aller Welt und genau da spielt die fundierte Recherche eine immense Rolle. Falschmeldungen können der Genickbruch einer Kampagne sein oder gar einen schwerwiegenden Imageschaden mit sich bringen. Codewort: Shitstorm. Auch die PR-Verantwortlichen selbst können sich so schnell ins Abseits befördern. Inhalte und Aussagen werden von kundigen Journalisten noch während des Anteaserns am Telefon zerrissen oder Pressemitteilungen landen im Papierkorb und der Absender im Spam-Ordner. Daher gilt: Die gründliche Recherche ist und bleibt das A und O, das Verpacken der Informationen ist den Schreiberlingen das geringste Problem.

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