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Planet Storytelling: Brasilien
Planet Storytelling 29. September 2020

Planet Storytelling: Brasilien

Ramba Samba heißt es bei der diesmaligen Entdeckungstour zu unserer Blogreihe Planet Storytelling. Auf der Suche nach neuen Geschichten begeben wir uns in das größte Land Südamerikas: Brasilien. Wen es dort hin verschlägt, den erwartet eine kulturelle Achterbahnfahrt. Dabei fällt es aus dem Staunen wieder heraus zu kommen. Neben Fußball ist auch die Kaffeeherstellung weltweit beliebt. Der grüne Amazonas wirkt wie das Gegenstück zu den Metropolen Rio de Janeiro und Sao Paolo – vor allem in der 5. Jahreszeit. In diesem Zeitraum erleben nicht nur die Einheimischen ein Potpourri an Emotionen, sondern auch die zahlreichen BesucherInnen. Warum wir auf unserer Heldenreise unter anderem afrikanischen und portugiesischen Einflüssen begegnen, und was uns das visuelle Storytelling über die Tradition lehrt, erfahrt ihr hier:

Aussicht von Rio De Janeiro
Quelle: Unsplash/ Agustin Diaz

Vom „Entrudo“ zum carnaval!

Die BrasilianerInnen sind bekannt für ein ausgeprägtes Rhythmusgefühl. Wo man geht und steht, kommt die Gesellschaft in den Genuss der verschiedenen Musikrichtungen. Frei nach dem Motto „das ganze Leben ist Musik“ zeigt sich die Vielseitigkeit des Landes beim glorreichen Karneval oder carnaval. Schon seit Jahrhunderten feiern die Menschen das größte und auch bekannteste Volksfest der Welt. Eine Tradition, die in Brasilien im 17. Jahrhundert seinen Lauf nahm.

Allen voran waren es die PortugiesInnen, die das vereinigte Treiben in Brasilien einführten. Das erste Farbspiel in Rio wurde von dem portugiesischen Festival „Entrudo“ beeinflusst. Dieser Auftakt des Karnevals begann zuerst mit Maskenbällen und den Standardtänzen Polka und Walzer. Zur damaligen Zeit gab es eine klare Unterteilung der sozialen Schichten. So, war es nicht allen erlaubt ein Teil des Festes zu sein. Durch die Ausgrenzung einiger Völkergruppen entwickelte sich ein anderer Stil:

Afrobrasilianischer Straßenkarneval – Wenn Kostüme Geschichte erzählen

Da es zu Beginn nur der (weißen) Elite und den Privilegierten erlaubt war an dem Spektakel teilzunehmen, kam eine weitere Form des Karnevals zum Ausdruck. Somit hinterließen nicht nur die PortugiesInnen ihren Fußabdruck, sondern auch die AfrikanerInnen. Diese akzeptierten die Abgrenzung jedoch nicht. Sie stellten sich der Herausforderung der Diskriminierung.  Mit den wenigen finanziellen Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung standen, schafften sie ihr eigenes Fest: Der Straßenkarneval wurde ins Leben gerufen. Ausgeschlossen von den noblen Bällen, versammelten sie sich in der Öffentlichkeit und tanzten ausgelassen auf den Straßen.

Neben der ersten Hürde, den Karneval überhaupt feiern zu können, zeigt das Storytelling in der Form und Darstellung der Kostüme eindeutig sein Gesicht. Die bunte Welt der Kostüme erzählt ihre eigene Geschichte. Noch bis heute schlägt sie ihre Wurzeln. Abgesehen davon, dass die wirtschaftlichen Zugänge stark beschränkt waren, bildete Religion das Fundament für die scharfsinnigen Überlegungen der Kostüme. Sie übernahm die Rolle des Wegweiser. Dies zeigte sich auch in der Gestaltung. Die verschiedenen Glaubensansätze, wie Katholizismus, Buddhismus und Candomblé, äußerten sich in der Vielfalt der verwendeten Utensilien. Alles hat seinen Sinn und vor allem seine Bedeutung.

Mit dem Versuch, die Götter zu beschwören und böse Geister fernzuhalten, bestanden ihre Kostüme aus natürlichen Materialien. Masken aus Federn, Knochen, Gras und Steinen stellten eine symbolische Bedeutung der alten Afrika-Bräuche dar. Visuelles Storytelling eingebettet in Traditionen, welches den Nutzen und die Ästhetik, kombiniert. Besonders die Federn, die den Aufgang und die Wiedergeburt der Seele verkörpern, sind ein beliebtes Element. Die Vereinigung der unterschiedlichen Religionen, präsentieren alle Feiernden stolz und gleichermaßen mit ihren unvergleichbaren Kostümen.

Nahaufnahme einer verkleideten Frau Quelle: Unsplash/ Augur Arpaci

Ein Mentor zum Karnevalfeiern?!

Dass der Karneval sein wildes Treiben auf der Straße gefunden hat, war wohl außerdem eine naheliegende Lösung der AfrobrasilianerInnen. Denn auch hier zeichnen sich die alten Bräuche ab. Das Umherziehen und Umkreisen ist ein fester Bestandteil in afrikanischen Dörfern. Durch diesen gemeinsamen Akt wird die Luft von negativer Energie befreit. Das Zusammenkommen gut gelaunter und fröhlicher Menschen ist auch bei dem modernen Karneval in Brasilien nicht wegzudenken.

So gibt es auch den Einen unter ihnen, der auf seine Frohsinnigkeit geprüft wurde. Es ist sozusagen der Narr, der seine Narren durch die gesamte Karnevalszeit führt. Dem Volk steht stets „Rei Momo“ zur Seite. Ein König, dessen Erzählung weit in die Vergangenheit zurück geht, jedoch deswegen nicht an Bedeutung verloren hat. Mit dem Erhalt eines Schlüssels durch den oder die regierende BürgermeisterIn eröffnet er traditionell den Karneval und seine temporäre Amtszeit als König beginnt. Es ist seine Aufgabe das Volk zum Feiern aufzufordern und anzuregen.

Tanze Samba mit mir: Die Parade mit Wettkampfcharakter!

Der brasilianische Karneval ist durchweg einfach famos und alles andere als gewöhnlich. So, liegt die Besonderheit nicht nur in den festlichen Straßenumzügen und bunten Paraden. Mit dem Ende der Sklaverei mischte sich die AfrobrasilianerInnen mit ihrem volkstümlichen traditionellen Samba unter die Einheimischen. Viele brachen Richtung Süden auf, weswegen der Samba weit verbreitet zum Grundstein der Tanzkultur wurde. Die Trommeln, welche auf die Volksstämme in Afrika zurückzuführen sind und die Pop-Musik bilden heutzutage eine klangvolle Einheit.  Als eine Art der Kunst bildet Samba die Vereinigung vieler Tanzformen, die aus den verschiedenen Stämmen der afrikanischen Sklaven mitgebracht worden sind.

Das gemeinsame Versammeln, das Tanzen im Kreis sowie das Anfeuern der Zuschauer, findet auch heute hohe Anerkennung. Genauer genommen in Rio de Janeiro. Während dieser frohsinnigen Zeit hat der beeindruckende Tanzstil es bereits auf das Siegerpodest geschafft. Die teilnehmenden Gruppen der zwölf besten Samba-Schulen aus Brasilien steht diese Prüfung noch bevor, denn der Samba dient als Grundlage für einen Wettbewerb.

Eine Gruppe von weiblichen Tänzerinnen, die in Kostümen auftreten Quelle: Unsplash/ Joost Crop

Der heilige Ort der Schaubühne

Es ist das Ziel einer langen Reise und der Höhepunkt der KarnevalistInnen: der Schauplatz Sambódromo. Der wohl beste Ort um das Storytelling der Kostümkultur sowie die zusammenkommenden Rhythmen des Sambas hautnah erleben. Dieser Ort wirkt wie das schlagende Herz des Karnevals und bildet somit auch das Highlight. Wer sich von dem Gefühl der Gemeinschaft mitreißen lassen möchte, findet hier die Erfüllung. Eine energiegeladene und pulsierende Atmosphäre, in der die Welt plötzlich stehen zu bleiben scheint. Damit der Wettkampf von der Jury auch fair bewertet werden kann, wird jährlich ein Motto festgelegt. Sowohl die Kostüme als auch die Show werden bei der Umsetzung und Interpretation des Themas berücksichtigt. Das Auge kann sich an klassischem, futuristischem oder kreativem Design nicht satt sehen. Schon nach dem Ende einer Karnevalssaison, beginnen die Vorbereitungen für das darauffolgende Jahr.



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