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Ich beschreite die heiligen Mashup-Hallen inzwischen schon beinahe seit zehn (in Zahlen 10!) Jahren. Damit bin ich nach Miriam und Nora die längste Mitarbeiterin und kenne mit fast zwölf Jahren PR und Storytelling auf dem Buckel nicht nur das operative Geschäft genau, sondern eben auch uns als Unternehmen.

Deshalb habe ich die große Ehre, das Team seit November 2020 in neuer Position als Head of Onboarding zu begleiten. In dieser Rolle bringe ich nicht nur neue Mitarbeiter:innen und Kund:innen sicher und gut gelaunt an Bord, sondern fungiere auch als neutrale Schnittstelle zwischen den Kolleg:innen und soll Konflikte im Team lösen. Eine Aufgabe, die in den meisten Unternehmen wohl bisher absolut unterschätzt wird!

Digitales Meeting

Reibung ja, Hitze nein: Schwelbrände erkennen, Konflikte im Team lösen

Wir sind bei Mashup Communications inzwischen über 20 Leute. Ein bunter Haufen aus völlig unterschiedlichen Typen mit ganz verschiedenen Arbeitsweisen, Motivationstreibern, Dingen, die uns zum Lachen, aber eben auch zum Schnauben bringen. Und auch wenn unsere Zusammenarbeit auf einem stabilen und sehr angenehmen Wertefundament aufbaut, gibt es da natürlich auch mal Reibung.

Bild Julia Beyer
Fotografin: Saskia Uppenkamp

So ein bisschen Sand im zwischenmenschlichen Getriebe ist völlig normal und beeinträchtigt wohl selten nachhaltig das Miteinander. Werden die Körner jedoch unbemerkt größer, gerät auch ein noch so gut geschmiertes Team irgendwann ins Stocken.

Hier kann ein:e unbeteiligte:r Beobachter:in helfen, Schwelbrände aufzudecken und frühzeitig zu löschen. Ich stecke in keinem unserer Teams drin, bin aber mit offenem Ohr für alle zur Stelle und stehe mit allen Kolleg:innen im Austausch. Bei Kaffee-Dates, Lunches oder Check-Ins merke ich schnell, wenn es irgendwo hakt. Dabei lassen sich viele Problemchen und Konflikte im Team lösen, aber dafür müssen sie natürlich erst einmal als solche erkannt werden.

Der Start einer Reise: Stolpersteine im Onboarding sprengen

Egal wie familiär und freundschaftlich es in einem Unternehmen zugeht, gerade für neue Mitarbeiter:innen ist es mitunter schwierig, Baustellen anzusprechen. Frisch gestartet möchte natürlich jede:r einen guten Eindruck machen, erst einmal die Fühler ausstrecken, ankommen. Läuft etwas noch nicht ganz rund, neigen viele Durchstarter:innen dazu, das ungute Bauchgefühl erst einmal unter den Teppich zu kehren. Zu groß sind leider häufig die Hemmungen, Schwierigkeiten direkt an Kolleg:innen oder wohlmöglich sogar den oder die Vorgesetzte:n zu kommunizieren.

Als Head of Onboarding stehe ich auch hier zur Seite. Schon am ersten Tag lernen mich unsere Neuen kennen. Ich bin quasi der Concierge, der ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die Tür öffnet, aber sie auch sprichwörtlich abholt, wenn es um unsere Abläufe, Tools und Werte geht. Dabei positioniere ich mich vom ersten Gespräch an als offenes Ohr und bleibe den frischgebackenen Mashies auch danach erhalten. In regelmäßigen informellen Check-Ins klopfe ich ab, wie der Start im Team läuft, und setze die Hemmschwelle für konstruktive Kritik damit so niedrig wie möglich. Natürlich bin auch ich dabei ein neues Gesicht, vor dem nicht jeder unbedingt gleich blankziehen will.

Der große Vorteil allerdings: Da ich losgelöst vom operativen Geschäft arbeite, müssen Neuankömmlinge nicht befürchten, durch Ehrlichkeit für schlechte Stimmung im Team zu sorgen. Frei nach dem Motto: „Was hab‘ ich schon zu verlieren?“, öffnen sich so erfahrungsgemäß Viele sogar in der heiklen Anfangsphase schnell. Die raue See wird gezähmt und die Reise kann nach dem allseits beliebten Sprung ins kalte Wasser so richtig losgehen.

Wir gegen sie: Sprach(r)ohr zwischen Team und Geschäftsführer:innen

Ich kenne Nora und Miriam inzwischen schon über zehn Jahre und kann mir deshalb immer nur sehr schwer vorstellen, warum jemand sich fürchten würde, mit ihnen über Ideen und Vorschläge, aber gerade auch Kritik und Unmut zu sprechen. Das könnte auch daran liegen, dass wir uns vor langer Zeit nicht im Arbeitskontext, sondern bei Aperol Spritz und Karaoke kennengelernt haben *hust hust*. Aber auch ohne oder vielleicht doch wegen dieses kleinen unfairen Vorteils war ich schon immer der Mashie, der bei diplomatischen Mails „nach oben“ auf Senden drücken sollte oder in unangenehmen Dialogen mit den beiden die Gesprächsführung aufgedrückt bekam.

Denn seien wir mal ehrlich: Je größer ein Unternehmen wird, desto weiter wird auch die empfundene Kluft zwischen Team und Chefetage. Nora hat über diese unausweichliche Distanz sogar mal einen Blogpost verfasst. Und irgendwie ist es ja auch verständlich, denn egal wie flach die Hierarchien sind und wie viel Mitspracherecht alle Mitarbeitenden haben, am Ende des Tages werden auch unbequeme und unpopuläre Entscheidungen zu Business und Team von Miriam und Nora getroffen. Umso wichtiger, hier Brücken zu schlagen!

Geschäftsführung Mashup Communications
Miriam, Julia und Nora, 2012

Ich bin in der einzigartigen Position, Teil beider Welten zu sein: Offiziell zähle ich zur Führungsetage, habe als Regie-Assistenz meine wöchentlichen Jour Fixes mit Miriam und Nora und bin so auch bei vielen strategischen Entscheidungen hautnah dabei. Auf der anderen Seite war ich aber eben auch viele Jahre Teil des operativen Teams, kenne viele der Kolleg:innen schon eine kleine Ewigkeit und genieße damit viel Vertrauen. Da macht schon mal jemand seinem temporären Frust Luft oder reißt ordentlich vom Leder, wenn irgendwo ein Schuh drückt.

Ein bisschen wie ein:e Lehrer:in, der oder die auch mal Kind war, fühle ich mit meinen Kumpanen, habe ich mich doch noch vor gar nicht so langer Zeit über die gleichen Dinge geärgert. Wäre Kritik an Entscheidungen, Prozessen oder Vorgehensweisen früher dann vielleicht einfach verpufft oder hätte sich im schlimmsten Fall aufgestaut, kann ich heute zum neutralen Sprachrohr werden und die Ärgernisse als Chancen für Verbesserungen mit Miriam und Nora teilen und so auch Konflikte im Team lösen.

Auf der anderen Seite fällt es mir durch meine Verbindung zum Team mitunter auch leichter, Veränderungen und Entscheidungen der Chefinnen an die Kolleg:innen weiterzugeben, Hintergründe zu erklären und empathisch die Umsetzung zu begleiten. Ich bin schließlich ein Teil beider Welten und somit der ideale Mittler.

Nicht Fisch nicht Fleisch: Interessenskonflikte vermeiden

Mediation von zwei ParteienGerade bei Konflikten innerhalb des Kollegiums ist der erste Impuls, wenn die Diskussion zu zweit an ihre Grenzen stößt, die Eskalation „nach oben“. Prinzipiell eine gute Idee, der bzw. die Vorgesetzte wird es schon richten, oder? Vielleicht. Das Problem bei einer Intervention ist jedoch, dass Lösungen von Dritten leider in der Praxis oft keine lange Lebensdauer haben. Wesentlich besser sieht es da aus, wenn die Streithähne bzw. -hühner selbst zu einem Kompromiss finden. Das kann zum Beispiel im Zuge einer Mediation passieren. Aber auch hier braucht es dringend eine neutrale Partei, die das Krisengespräch in den vorher definierten Bahnen lenkt.

Wer jetzt denkt, das ist Chefsache, liegt falsch. Denn egal ob Teamleitung oder C-Level, sobald ein Konflikt die Arbeit der Beteiligten behindert oder das Klima stört, haben Kolleg:innen in Führungspositionen natürlich ein begründetes Interesse daran, ihn schnell aus der Welt zu schaffen. Damit sind sie aber nicht mehr unbeteiligt und geben der selbstständigen Lösungsfindung mitunter nicht genug Raum, ehe sie sich einmischen.

Ich wiederum wandle quasi als Hybridwesen durch Mashups Flure. Nicht Fisch, nicht Fleisch, ist es weder mein operatives Team noch mein Unternehmen, das durch Streitereien beeinflusst wird. Als altes Harmonieschwein geht es mir natürlich trotzdem nahe, wenn die Stimmung durch Reibereien getrübt wird. Auf welche Lösung sich die Betroffenen am Ende einigen, kann mir dabei jedoch im Prinzip egal sein.

Abschied mit (positiven) Folgen: Wertvolle Insights im Offboarding sammeln

Zu guter Letzt – im wahrsten Sinne des Wortes – hilft meine neutrale Rolle nicht nur als Türöffner für Mitarbeitende, sondern begleitet sie auch bis sich die Pforten unserer PR-Agentur das allerletzte Mal hinter ihnen schließen. Scheidet jemand aus dem Team aus, ist das natürlich immer mit vielen Emotionen verbunden. Nachdem der erste Schock verdaut ist, sollten Unternehmen aber auch hier nochmal die Chance ergreifen, aktiv Feedback von dem oder der Weiterziehenden einzuholen.

Ist die Kündigung unterschrieben, das letzte Projekt übergeben und neue Ufer bereits am Horizont zu sehen, können Ehemalige völlig losgelöst sprechen. Dabei kann und darf es auch mal unangenehm werden: Was war schon lange ein Dorn im Auge? Wo ist etwas gründlich schiefgelaufen und was hätten sie sich in der Zusammenarbeit anders gewünscht? Wertvolle Einsichten, aus denen wir unglaublich viel lernen können, an denen Gründer:innen wie Miriam und Nora oder Teamleads wohl mitunter trotzdem ganz schön zu knabbern haben.

Genau aus diesem Grund wurde das letzte Klartextgespräch bei uns lange vornehm ausgeklammert. So recht konnte sich niemand dafür begeistern, sich gegebenenfalls auch mal eine Schelte abzuholen. Verständlicherweise richtet sich etwaige Kritik ja gegen die eigene Arbeit, den Führungsstil oder das Business-Baby Mashup Communications insgesamt. Auf der anderen Seite haben auch ausscheidende Kolleg:innen nicht unbedingt immer Lust, eventuelle Fässer, die sie bis dahin sorgfältig im emotionalen Keller verstaut hatten, kurz vor Schluss noch direkt mit dem/der Konfliktpartner:in zu öffnen.

Auftritt Julia! All diese Hürden entfallen nämlich, sobald sich ein:e Unbeteiligte:r dem Offboarding widmet. Mit metaphorischem Friesennerz und Gummistiefeln setze ich mich in den Sturm und gebe unseren Reisenden Raum für ein reinigendes Gewitter. Das ist natürlich gar nicht immer nötig. Glücklicherweise scheiden die allermeisten unserer Mashies im absolut Guten aus, weil schlicht ein neues Abenteuer ruft. Aber selbst, wenn im letzten Gespräch dann nur eine seichte Brise weht, können wir als Team etwas daraus mitnehmen.