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Mit Storytelling zum beliebten Dauertestimonial – Hendrik Heine von thjnk Berlin
Brands Communications – PR, Content, Redaktion 18. March 2021

Mit Storytelling zum beliebten Dauertestimonial – Hendrik Heine von thjnk Berlin

Hendrik Heine thjnk Storytelling Ikea - Mit Storytelling zum beliebten Dauertestimonial – Hendrik Heine von thjnk Berlin

 

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Nora: Herzlich Willkommen, liebe Zuhörer:nnen zu unserer neuesten Ausgabe von Praxis-Talk Brand Storytelling. Mein Gast ist heute Hendrik Heine. Seit 2013 Geschäftsführer von thjnk Berlin und unter anderem mitverantwortlich für die Entwicklung der Smilla- Kampagne von Ikea. Deshalb ist er auch unser perfekter Gesprächspartner. Das Thema unseres heutigen Podcasts lautet: „Mit Storytelling zum beliebten Dauertestimonial“. Wir wollen darüber sprechen, wie man anhand von seriellen Kampagnen à la Smilla durch kontinuierliches Storytelling seine Zielgruppe an sich binden kann. Somit auch dir ein herzliches Willkommen Hendrik! Bevor wir in das Thema einsteigen, magst du vielleicht kurz nochmal in deinen eigenen Worten sagen:

Wer bist du und was ist deine Rolle bei thjnk?

Hendrik: Ich bin Geschäftsführer der Beratung bei thjnk in Berlin. Und verantworte demzufolge dies und jenes. Aber eben auch ganz konkret das, worum es eigentlich geht, die Arbeit an und für unsere KundInnen. Das ist es im Kern. Ich betreibe das schon relativ lange, auch bei uns in der Agentur.

Nora: Du hast dementsprechend auch schon sehr viel Erfahrung gesammelt, die du jetzt mit uns teilen kannst. Mit IKEA arbeitet ihr seit 2017 zusammen, nicht wahr? Was macht die Kommunikation mit dem Möbelhersteller aus und worum geht es im Kern bei Ikea?

Hendrik: Ikea hat tatsächlich etwas, was wir seit ein paar Jahren alle wollen. Alle rennen aufgeregt durch die Gänge und sagen: „Oh wow, wir brauchen Purpose und wir haben eine Purpose-Kampagne usw“. Und eigentlich, und das ist das Schöne bei der Marke oder dem Unternehmen Ikea, dass Ikea das eigentlich seit je her hatte. Ikea hat sich seit je her die Frage gestellt: „Wie wollen Menschen eigentlich wohnen“? Wohnen ist nichts, was ein kleiner Anteil im Leben ist. Sondern Wohnen macht so einen großen Anteil aus: schlafen, leben, mit Kindern kochen, essen, Zeit verbringen, sein Shelter haben, seinen Ort haben – all das ist Wohnen.

Ikea hat sehr früh drauf geguckt und gesagt: „Was brauchen Menschen eigentlich? Wie wollen Menschen eigentlich wohnen und wie können wir als Ikea, und das ist der entscheidende Punkt, eigentlich den Alltag der Menschen besser machen? Wie können wir eben auch diesen besseren Wohnalltag eigentlich demokratisieren? Und darum geht es! Hier seid ihr bei Ikea. Jede und jeder gehört zur Ikea-Zielgruppe und alle wohnen – und da einzeln drauf zu gucken und zu sagen: Was ist denn relevant für die Menschen? Welche Geschichten wollen wir eigentlich rund ums Wohnen erzählen? Und welche Lösung können wir ihnen eben auch für ihren eigenen Wohnalltag bieten?

Nora: Vielleicht kannst du uns mal mitnehmen, wie es dann zu der Entwicklung von der Figur Smilla gekommen ist.

Das habt ihr dann auch als serielles Format entwickelt. War das von Anfang an so geplant? Oder ist es durch Zufall entstanden?

Hendrik: Durch Zufall entsteht bei uns natürlich gar nichts. Es ist immer eine wahnsinnig tiefgründige Strategie. Spaß beiseite. Es ist tatsächlich nicht durch Zufall entstanden. Lass uns mal über Ikea in Deutschland sprechen. In Deutschland, seinerzeit noch im alten Jahrtausend, wie sah Wohnen da aus? Wer sich das leisten konnte, hatte Designermöbel und diese Dinge. Ansonsten war Deutschland eben auch noch entweder Gelsenkirchener Barock oder halt die schwere deutsche Eiche-Rustikal-Schrankwand. Das war damals größtenteils eben Wohnen.

Und dann kam Ikea als Markt mit einer leichten skandinavischen Fröhlichkeit, mit einem ganz neuen Design und einem ganz neuen Ansatz zu wohnen. Jetzt kann man sich die Frage stellen: „Ist heute irgendetwas nicht Skandinavisches? Und die Frage, die wir uns gestellt haben, war: „Wie, können wir eigentlich diese Besonderheit, dieses Schwedische, diesen ganz besonderen, ich will jetzt nicht sagen Pippi-Langstrumpf-Charme der Marke, aber was wir alle kennen, weil wir alle mit Ikea aufgewachsen sind.

Wie können wir das eigentlich wieder rauskitzeln? Und dann haben wir uns die Frage stellte: „Wie können wir verschiedene Dinge kombinieren? Wie, können wir ganz stark aus unserem Heritage rauskommen und sagen, das sei unser Charakter? Wie können wir den unterstreichen? Und das muss man aber auch sagen. Es ist keine Kunst der Kunst willen, dass man sagt: „Wir machen jetzt schöne Imagefilme und das ist irgendwie ganz toll, alle finden das super“. Sondern natürlich ist es auch immer noch ein Handelsunternehmen und auch noch Produkte, die wir featuren wollen und Produktlösungen, die man zeigen will und so weiter.

Und wenn man diese ganzen Zutaten zusammennimmt, haben wir eine Plattform entwickelt, auf der wir gesagt haben, die erfüllt eben genau das. Sie unterstreicht diesen Charakter, ist sehr nah, ist im Zuhause und sie spielt im Zuhause. Das heißt, sie ist ganz nah an den Menschen dran. Wir haben aber auch immer noch eine Plattform, um eben auch nicht nur gute Laune zu machen, sondern eben auch den Menschen konkrete Produktlösungen zu zeigen.

Warum habt ihr dann auch eine weibliche Person gewählt? Warum ist das zum Beispiel gegenüber einer männlichen Person von Vorteil gewesen?

Hendrik: Letztendlich ist das Thema, auch wenn die Ikea-Zielgruppe alle sind, ist die entscheidende Person, insbesondere in mehr Personen Haushalten meistens eher weiblich geprägt. Das heißt, es lag eigentlich nicht nur daran, sondern einfach, weil man reingefühlt hat und sich die Frage stellt „Wie fühlen wir uns denn eigentlich im Jahr 2017? Wie spüren wir denn eigentlich den Charakter dieser Marken? Und da sind wir einfach bei einer Schwedin gelandet, die genau das verkörpert hat, was wir als Ikea verkörpern wollen.

Nora: Ich glaube, dass sich jeder der ZuhörerInnen wahrscheinlich Smilla kennt. Aber vielleicht kannst du sie nochmal ganz kurz beschreiben.

Was macht Smilla so aus? Und warum glaubst du, hat sie sich auch so zum Liebling bei den Verbraucher:nnen entwickelt?

Hendrik: Ich bin davon überzeugt, dass es ein paar Zutaten gibt, die es tatsächlich so erfolgreich gemacht haben. Ein ganz entscheidender Punkt ist, dass Smilla etwas sehr Echtes hat. Und das kann man als ZuhörerIn sagen: „Naja, es ist doch aber nur Werbung und es ist auch ausgedacht usw.“ Beim Casting haben wir geguckt, wem glaube ich denn eigentlich diese Rolle und wer ist nah dran an dieser Rolle. Wir haben jetzt ein gutes Dutzend Kampagnen mit ihr gedreht. Sie ist schon sehr nah dran an eben dieser Rolle. Was auch sehr interessant war, wenn man sich natürlich irgendwann mal kennt, fragt man sich auch: Wie sprechen wir sie jetzt eigentlich an mit ihrem echten Namen oder mit Smilla? Ist sie eigentlich Testimonial oder wurde sie durch die Kampagne Testimonial?

Das heißt, es hatte etwas Organisches, etwas sehr Echtes. Und sie ist eben auch das, was sie nun mal ist. Auch sie als echter Mensch ist sehr nah dran an dieser Rolle und das spürst du. Das es halt einfach mehr Wahrhaftigkeit hat und nicht „Schalter an – Rolle spielen -Schalter aus“. Das ist der eine Punkt gewesen an der Figur. Dann haben wir einfach Geschichten geschrieben, die nachvollziehbar sind, die populär sind, die nicht irgendwie aus dem Konferenzraum erdacht wurden und tausendmal hin und her gewürgt und auch noch drei Produkte reingesteckt. Sondern wir haben einfach geguckt, was ist eine lustige, berührende, für Menschen nachvollziehbare Geschichte.

Was können sie auch auf ihr Leben projizieren? Wir haben eine Kampagne namens Therapie, in der wir Smillas Beziehungsstreit mit Ihrem Freund, ihrem Werbefreund Bo, gezeigt haben. Indem es aufgrund der fehlenden Ordnung Zuhause immer weiter eskalierte bis zu einem großen Rosenkrieg, der natürlich dann werblich überhöht wurde. Das ist eine Geschichte.

Und so entwickeln wir auch die Geschichten zu sagen, wie denken denn die Menschen eigentlich über dieses Leben nach? Was sind denn eigentlich Situationen? Und dann sagen Menschen auf einmal in der Entwicklung von so einem Prozess, einer Geschichte: „Ich kenne das. Ich flipp auch zu Hause aus. Alle verschusseln immer meine Ladekabel und keiner weiß, wo sie sind und alle Sachen sind weg.“ Und dann haben alle im Konferenzraum gesagt: „Stimmt, das habe ich auch“. Und dann merkst du, da steckt ein Insight drin. Es steckt etwas drin, was wirklich eine echte Geschichte ist. Dann wird es natürlich gut geskripted, gut erzählt, gut inszeniert, beim Casting gut besetzt etc. Dann ist es einfach ein 3 Sekünder, über den Leute sagen: „Das mag ich. Das gefällt mir. Hast du diese Geschichte gesehen?“

Hast du eine Lieblingsgeschichte von Smilla?

Hendrik: Das ist tatsächlich schwierig, weil jede Geschichte ihre eigene, kleinere und größere Magie hat. Und das ist vielleicht auch ein Teil des Erfolges, dass jede Kampagne immer wieder noch was Eigenes, kleines mit reingebracht hat. Auf einmal haben wir andere, weitere Figur inszeniert. Auf einmal haben wir weitere Familienmitglieder kennengelernt, auf einmal hat Smilla auch teilweise eine kleinere Rolle gespielt. Dann ist sie schwanger. Dann hat sie auf einmal ein Kind, da ist sie auch wirklich im echten Leben schwanger gewesen. Und all diese Dinge haben sozusagen immer was Neues erzählt, teilweise haben wir in der Exekution ein bisschen mit Stilmitteln gespielt und so weiter.

Aber wenn du mich nach einer Lieblingsfolge, nennen ich es jetzt mal, wäre es tatsächlich die skizzierte namens Therapie, weil sie eben aus einer so starken Beobachtung aus dem Leben kommt. Du konntest diesen Film auf Skriptebene, auf einem Bierdeckel, im Stehen, im Fahrstuhl jemanden erzählen und die Leute haben gesagt: „Ich weiß genau was du meinst“. In dem Moment weißt du, eigentlich muss man es jetzt nur noch nach Hause spielen, denn die Beobachtung ist schon so stark.

Und da haben wir auch die Freiheit gehabt, eben in einer Überhöhung zu sein und es toll exekutieren. Das sind nicht nur wir als Agentur. Da geht es auch darum einen Konsens mit der Regie zu haben. Mit Frieder Wittich, dem Team und der Produktion. Frieder Wittich als Regisseur und auch eine Konstanz drin zu haben und auch für Kunden wirklich zu entwickeln, Nuancen zu entwickeln, die dann eben auch eine Feinheit kriegen.

Die Entwicklung der Figuren fällt einem auch nicht in den Schoß. Das ist nicht: Casting, finde ich gut, drehen wir 30 Sekunden – fertig. Das kann man auch machen in gewissen Formen und Art und Weisen, aber diese Feinheit, die wir dann irgendwann kreieren konnten und die auch feiner die Menschen wahrnehmen, die schaffst du, wenn du nicht nur in dem, was der Mensch draußen sieht, eine Kontinuität hast, sondern auch im Herstellungsprozess. Wenn du nicht immer auf Teufel komm raus das Team änderst, immer alles neu machst, alle lernen sich neu kennen. Denn irgendwann hast du dann auch ein Vertrauen. Irgendwann weiß auch der Regisseur: Was bringt eine Smilla mit? Was bringt sie vielleicht nicht mit? Wo kann man hier helfen? Wir wissen, wie wir für sie skripten. Wie es am besten funktioniert und so weiter. Und das sind eben Sachen, die ein serielles Format dann auch auszeichnen.

Nora: Das ist dann auch der Vorteil gegenüber einfachen Kampagnen. Weil die Leute natürlich erstmal die Figur kennen und ihr kennt die Figur auch schon sehr gut. Und indem ihr alle immer wieder zusammenarbeitet, wisst ihr, was gut funktioniert. Es ist nicht erst dieses Kennenlernen am Set und dann erstmal warm werden. Ihr wisst eigentlich alle, wie die Leute drauf sind, wie die Zusammenarbeit funktioniert und das macht sicher auch mit den Erfolg aus.

Hendrik: Ja, absolut! Und gleichzeitig versuchen wir eines immer zu vermeiden. Ich glaube früher, vor 20 Jahren, ging das noch, dass man davon ausging, dass Kampagnen beim Betrachter eine serielle Wahrnehmung haben. Was meine ich damit? Früher konnte man sagen: Es gibt drei Imagefilme und der erste Film läuft in Woche eins, der zweite in Woche zwei und so weiter. Das ging früher noch besser oder es ging überhaupt noch, weil man TV mit ausreichend Geld kontrollieren konnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Leute alle drei Filme gesehen haben, war gegeben.

Mittlerweile ist es natürlich alles so fragmentiert und zerstückelt und keiner weiß mehr, wer irgendwie irgendwas irgendwann sieht. Trotz allem seriellen Charakter, funktioniert jeder Film immer eigenständig für sich. Das heißt, wenn ich als Außerirdischer auf diesen Planeten komme, nur Folge 11 sehe, verstehe ich es trotzdem. Erfüllt es trotzdem seinen den Zweck. Das ist ganz wichtig und natürlich auch herausfordernd, dass man nicht zu viel aufeinander aufbauen kann. Trotzdem 30 Sekunden funktionieren immer für sich tatsächlich als einzelnes Piece. Das zeichnet eine Serie aus, dass du nicht zu viel Geschichte brauchst, damit du überhaupt irgendwas verstehst. Gerade im Werbefernsehen.

Nora: Es ist wie eine Soap, früher in Hausfrauen-Soaps, wo du reinschalten konntest, und du hast die Handlung trotzdem immer verstanden, auch wenn du das drei Wochen nicht gesehen hast. Es ist immer eine abgeschlossene Folge in sich. Du musst nicht automatisch alle anderen Folgen unbedingt gesehen haben. Du verstehst in dem Moment, wie es funktioniert, oder? Die Kampagne dann auch, es ist eine Langzeit-Serie, aber jede Folge hat ihren eigenen Abschluss.

Die Kampagne als Langzeitserie

Hendrik: Genau. Ich weiß jetzt gerade nicht, wie lange die die Simpsons schon laufen. Die Simpsons sind die Serie auf der Welt mit der längsten Laufzeit, seit fast 25 Jahren. Du kannst es jahrelang nicht gucken und dann siehst du drei Minuten von einer Folge und hast schon wieder alles verstanden, worum es geht und kannst auch jeden Witz einzeln wahrnehmen. Das ist die Kunst. Das ist uns glaube ich gut gelungen. Ich bin da irgendwie hanseatisch zurückhaltend, die eigene Arbeit zu loben. Sagen wir mal, das, was wir an Resonanz und Feedback kriegen, auch IKEA hat eine große Social Community, da kannst du extrem viel schon rauslesen, dass es gut funktioniert und ankommt.

Die Kunst ist die Frage: Wie baut man Charaktere, die in 30 Sekunden erfassbar sind, die aber trotzdem nicht plump sind? Das ist ganz wichtig, weil plump mögen wir alle nicht. Ob du dich an Kindheit- und Jugendsoaps im Privatfernsehen erinnerst. Da hat man gesagt, die Charaktere sind ganz schön eindimensional, teilweise gestrickt und da kannst du dich drin nicht verlieren, weil es dann einfach nur noch zu krasse Klischees sind. Wie kannst du ein bisschen Tiefe anbieten, bisschen Kante, bisschen was Interessantes, bisschen was darf ich auch selber als Betrachter entdecken. Und gleichzeitig darf es auch nicht zu hyperkomplex sein, sonst kommt halt keiner mehr mit.

Nora: Auf der einen Seite glaube ich auch, man darf dann wieder nicht zu vorhersehbar sein. Also es muss trotzdem noch irgendetwas Überraschendes sein, auch wenn ich mich meinetwegen in der Situation wiederfinde, weil ich auch nachvollziehen kann, dass es irgendwie diesen Streit gibt in der Wohnung mit meinem Freund wegen Ladekabeln. Aber trotzdem muss ich da noch ein Twist haben. Damit ich der Geschichte folge, damit ich nicht nur diesen Hook habe, sondern eben auch diesen Mehrwert am Ende und mich praktisch darüber freue, dass ich diesen Spot gesehen habe. Es ist schon sehr komplex. Ich kann dich ja noch mal loben, wenn du es nicht machen möchtest, aber da habt ihr echt super Arbeit geleistet.

Hendrik: Ich bin natürlich nur Stellvertreter von vielen, der heute sozusagen die gemeinsame Arbeit repräsentiert hat. Wir sind nicht in der Kunsthochschule, sondern in einem Marketing- und kommerziellen Bereich. Und bei all dem, was wir gesagt haben: Wie lange sehe ich das Produkt? Wo sehe ich das Produkt? Wo kommt der Preisstörer rein? Das gibt es natürlich auch alles noch. Der Korridor ist, glaube ich, schon gut gelungen. Und tatsächlich, wenn wir es jetzt mal ein bisschen ökonomischer betrachten, hat es eben auch auf allen Ebenen super funktioniert. Das man nicht nur gesagt hat „Das hat jetzt die Image-Werte hochgezogen, aber nichts verkauft“.

Es klingt sehr kommerziell, wenn ich so einen Satz wie „verkauft“ sage. Aber so ist es natürlich auch. Auch da müssen wir uns nichts vormachen, wenn so eine Kampagne kommerziell nicht funktioniert, wenn die KPI‘s nicht funktionieren, dann macht man das dreimal und dann sagen alle: „Gut, danke. Auf zum nächsten Thema“. Wir sind in einem Kunst- und Kulturnahen Bereich natürlich von dem, was wir tun, aber es ist natürlich Auftragskommunikation. Auch Marketing hat natürlich Ziele zu erfüllen. Das darf man auch bei all dem immer nicht vergessen. Und deswegen ist es natürlich umso schöner, etwas zu schaffen, was auch wirklich, wenn man sich in Social Media die Sachen durchliest, wirklich Fans hat. Über das Mitverfolgen, die eigenen Filme nachdrehen, das ist schon sehr berührend. Ich sage es bewusst so ein bisschen pathetisch. Es ist schon berührend, das dann immer zu sehen.

Würdest du denn auch anderen Marken deswegen empfehlen, genau auf diesen Wert Kontinuität zu setzen, weil es einfach Vorteile hat? Oder eignet es sich dann auch nicht für jede Marke?

Hendrik: An dieser Stelle die berühmt berüchtigte Antwort: „Kommt drauf an!“. Es kommt tatsächlich auf ein paar Eckdaten an. Was hast du denn vor? Was ist dein Ziel? Wenn ich jetzt sagen möchte: „Jetzt Ausverkauf beim Discounter“, dann brauch ich keine Serie. Da brauche ich wahrscheinlich eine 10 sekündige Radio Kampagne und knall das zehn Tage raus, damit es die Leute verstanden haben. Jetzt mal ganz doof und einfach. Es heißt, die Frage ist: „Was kann ich denn erreichen und was habe ich denn für Themen?“. Wir haben zum Beispiel auch genug Themen gehabt, die diese Kampagne auch immer befeuert haben.

Wir hatten tatsächlich immer Anlässe, Geschichten und auch Produktlösungen, auch sehr nüchtern gesprochen, die wir in diese Geschichte einbetten konnten. Habe ich denn überhaupt genug zu erzählen? Wenn ich einmal im Jahr einen Launch habe und einmal im Jahr Kommunikation mache, dann muss man sich die Frage stellen: „Brauch ich eine Serie?“ Wenn ich dann sage, ich mach jetzt einfach den einen stärksten Film oder die eine stärkste Kampagne oder die eine stärkste Idee, wenn ich einfach nur ein Einzel Ausrufezeichen setzen möchte.

Was man auch nicht vergessen darf, Serie lebt natürlich auch davon, dass es halt regelmäßig stattfindet. Das heißt, dafür brauche ich natürlich auch ein gewisses Mediawallet, um eine Sichtbarkeit zu kriegen. Ich denke jetzt in der alten Welt. Ich habe mir eine super Soap ausgedacht und habe aber kein Sendeplatz dafür, dann ist es natürlich relativ witzlos. Dann nehme ich lieber alles zusammen an Energie und hab lieber einen guten Schuss, bevor ich zehn Schüsse habe, die kein Mensch sieht. Es hängt ein bisschen davon ab und wir haben auch viel über die Wirkung bei den Menschen da draußen gesprochen.

Es hat natürlich auch operativ extrem viele Vorteile und klingt fast böse, dieses Businessgejammer, was man manchmal hat. „Die Zeiten werden immer schneller. Man hat so wenig Zeit für alles.“ Es hilft natürlich je weniger Zeit, wenn ein paar Variablen schon mal stehen und ich nicht immer bei null anfange. Was nicht heißt, dass es dann einfach ist. Wir haben über die Herausforderungen gesprochen, immer noch einen drauf zusetzen. Noch eine interessantere Geschichte und noch mehr. Das ist natürlich eine andere Herausforderung. Wir fangen aber nicht bei null an, dass ist natürlich extrem gut.

Ich würde es empfehlen oder zumindest darüber nachdenken, wenn ich überhaupt genug Themen habe, wenn ich genug Luft und Atem habe, es auch über eine gewisse Zeit lang durchzuziehen. Nichts ist frustrierender und nichts ist sinnloser als mir eine Serie auszudenken, dann mach ich irgendwie einen Aufschlag und dann plätschert es so vor sich hin. Das ist dann auch extrem frustrierend, weil dann fühlt sich das auch für alle irgendwie ein bisschen wie ein Flop an, wenn dann einfach nichts passiert ist. Vielleicht ist die Idee toll, aber man hat einfach nicht den Dampf und Druck mehr hinzugeben.

Und das muss man sich auch vor Augen halten, ist eine Organisation bereit, Kontinuität zu leben? Es ist ein Commitment. Auch zu sagen: „Wir werden nicht nervös“ und wir sagen nicht sofort: Das habe ich jetzt schon dreimal gesehen. Komm, wir brauchen etwas Neues“. Alle wollen immer etwas Neues. Die Frage ist: Sind wir bereit für Kontinuität? Es kommt immer der Zeitpunkt, wo man als Entwickler mal was Neues braucht. Und zum Glück haben uns immer die Erfolgswelle Rechte geben. Zu sagen, lass uns einfach noch weiter, weil es einfach super funktioniert. Man muss schon den Willen haben, auch mal durchzuhalten.

Nora: Ich glaube, da ist Vertrauen auch ganz wichtig. Dass auch der Kunde vertraut in die Ideen und dass er eben auch erst mal einen langen Atem hat. Und nicht sofort, wenn die erste Kampagne doch nicht abhebt, sagt: „Das kann ja nicht funktionieren.“. Wir als Agentur, wir machen auch PR und da sagen wir das immer wieder. Das ist langfristig, ein Markenaufbau und du kannst nicht sofort Erfolge oder ein Imagewandel ersehen nach drei Wochen. Sondern du brauchst natürlich auch immer wieder Unternehmensgeschichten oder Geschichten der Zielgruppen, um da einen Erfolg zu sehen. Das ist ganz wichtig, dass der Kunde erst einmal Vertrauen aufbaut und einfach ein bisschen Spielraum lässt.

Hendrik: Und man muss den Menschen auch mal eine Chance geben, sich in Dinge zu verlieben. Okay, es gibt Liebe auf den ersten Blick. Wir hatten Valentinstag. Liebe. auf den ersten Blick gibt es. Aber meistens ist es doch so, du lernst Dinge kennen, dann vertraust du ihnen, dann entdeckst du was für dich. Und dann irgendwann hast du auf einmal eine Beziehung zu Dingen. Und das geht halt nicht Knall auf Fall. Das muss man sich irgendwo einfach vor Augen führen. Es ist auch eine Illusion zu sagen: „Ich war jetzt zwei Wochen mit einer Kampagne draußen. Drei Wochen. Okay, was machen wir jetzt?“ Das hat doch keiner draußen verstanden, was überhaupt passiert ist. Ich habe das Gefühl, dass der Markt das mehr und mehr versteht, eben auf eine gewisse Art und Weise auf Kontinuität zu setzen.

Aber das ist ein extra Thema. Was ist Markenführung im Jahr 2021? Weißt du noch vor zehn oder 15 Jahren oder wann das war, das sah alles gleich aus. Das war Markenführung. Das war so die Zeit. Da konnte man immer Kunden begeistern, guck mal, ich habe mal eine Analyse von euch gemacht. Ihr seht überall anders aus. Und da hat man nur gesagt: „Es muss alles 360 Grad sein, es muss auf allen Channels sein und, und, und.“

Und heutzutage ist es natürlich zum Glück und zurecht anders, da gucken wir, wo steht eigentlich der Mensch. Es sind natürlich nur Banalitäten. Brauchen wir jetzt noch eine Smilla Tiktok-Variante oder brauchen wir das nicht? „Nein, das ist 360 Grad, wir machen alles.“ Quatsch, das braucht natürlich kein Mensch. Bezahlen kann das kein Mensch. Das muss auch jemand machen und sich dann ansehen und so weiter. Einfach an den richtigen Stellen die Sachen rauspicken und dann kann das schon ganz gut funktionieren.

Ikea hat eine Nachhaltigkeits-Kampagne gemacht und da verzichtet ihr bisher auf Smilla. Warum ist das so? Und wird es vielleicht in Zukunft im Rahmen der Kampagne auch nochmal einen Auftritt von Smilla geben?

Hendrik: Für uns ist die Kampagne mit Smilla nicht beendet, sondern sie ist einfach eine Figur in unserem Markenuniversum. So würde ich es bezeichnen, wenn du mich gefragt hättest, was ist jetzt eigentlich mit Smilla? Beim Thema Nachhaltigkeit haben wir uns, und das ist natürlich etwas, was offensichtlich viel diskutiert wurde, aber da haben wir einfach gesagt, lass uns dieses Thema Nachhaltigkeit, dieses Statement wirklich groß machen, lass es uns wirklich klar machen. Lass uns das auch wirklich mit einer Ikea-haften, aber trotzdem einer ganz klaren Ernsthaftigkeit machen, wo nicht links und rechts wahnsinnig viel davon ablenkt, von unserer Aussage und dem Thema. Deswegen haben wir uns entschieden, ein alternatives Konzept zu machen. Man hätte auch eine ganz tolle, und vielleicht werden wir es auch noch, das wird die Zeit auch so ein bisschen zeigen, eine Nachhaltigkeits-Kampagne mit Smilla machen können.

Ein erfolgreiches Format zieht natürlich per se sehr viel Aufmerksamkeit. „Ah schau eine neue Smilla-Kampagne, mal gucken, was jetzt passiert!“ Diesmal geht es um Nachhaltigkeit. Wir haben einfach gesagt, das lassen wir links und rechts weg und gehen sehr klar, sehr direkt, einfach mit dieser großen Botschaft. Das ist an der Stelle gewesen „Nachhaltigkeit darf kein Luxus sein“. Das ist unsere Botschaft, mit der wir rausgegangen sind und das ist das Statement sozusagen. Es ist nahezu, du hast ja PR angesprochen, es geht für mich auch vollständig über das Eigentliche einer Werbekampagne hinaus, sondern es ist schon fast ein im Werbeblock fassbares Unternehmensstatement. Deswegen haben wir von einem entertainigen Format an dieser Stelle abgesehen. Das ist fast, wenn ich mit dir drüber rede, im besten Sinne Corporate- Kommunikation, aber eben im Werbeblock zugänglich.

Nora: Im besten Falle muss es Ikea auch noch leben und das dann ganz nachhaltig oder ganzheitlich. Deswegen ist es, glaube ich, ein Corporate-Thema.

Hendrik: Defintiv! Und als Sternchen-Text und Randnotiz, weil du es ansprichst: Alles andere steht überhaupt nicht zur Diskussion. Deswegen muss man ganz ehrlich sagen, da kann man auch nur so eine bolde Kampagne mit dieser Aussage machen, weil sich eben das Unternehmen auch schon seit Jahren wirklich dahin entwickelt hat. Ich darf es als Externer sagen, auch darin wirklich wahnsinnig viel Arbeit geleistet hat, eine hohe Glaubwürdigkeit hat und, und, und.

Deswegen kann man mit so einer Kampagne überhaupt nur rausgehen. Es geht halt über „So, was machen wir diesmal? Oh, was ist ein Trendthema? Nachhaltigkeit? Okay. Check. Was machen wir nächstes Mal? Check Küchen“, das ist halt nichts. Sondern es geht darum zu sagen, die ganze Welt, der ganze Planet und so weiter. Wir bewegen uns halt alle dahin, weil es unser eines Top-Thema ist. Deswegen ist die Verantwortung von einer Firma, eines Unternehmens ein Statement zu geben und natürlich intern sich dramatisch zu bewegen.

Ein Abschluss für mich, wenn du mich fragst: „Was haben wir eigentlich verstanden durch die Serie? Es kommt eben darauf an, draußen zu sein, bei den Menschen zu sein, hinzugucken, wie leben Menschen, was ist relevant, was sind Insides und was sind nicht irgendwie Konferenztisch-Insides? Was sind wirklich Fragen, mit denen sich Menschen beschäftigen? Und was ist einfach etwas, was auch einen Beitrag leisten kann? Ein Beitrag kann vieles sein, er kann auch niedrigschwellig sein oder einfach Freude sein und Begeisterung und ein netter Moment.

Das kann aber auch eben immer sein und das ist die Denke, die ich eingangs gesagt habe, womit können wir eigentlich auch einen Beitrag leisten? Jetzt bin ich kurz neudeutsch: Wie kann ich dich empowern, vielleicht einfach deinen Keller neu aufzuräumen, wenn du ein neues Regal hast, hast du eine Ordnungslösung. Und darum geht es eigentlich. Wir sind wahnsinnig stolz drauf, darf ich an der Stelle sagen, weil es im besten Sinne einfach populär ist, weil es Menschen bewegt und erreicht. Und den Leuten, wenn ich Social Media durchscrolle, einfach auch Freude schenken und berührt. Und wenn man das schafft, klappt man jeden Tag wieder sehr freudig den Rechner auf und macht weiter.

Nora: Das waren perfekte letzte Worte. Somit bedanke ich mich sehr herzlich bei dir, Hendrik, und freue mich, dass du unser Gast warst. Bis zum nächsten Mal!



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