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KI, Ethik und die Zukunft der Pharmazie: Warum wir jetzt Haltung zeigen müssen

Was, wenn euch eine KI eure Diagnose stellt? Oder über eure Medikamentendosis mitentscheidet? Für viele klingt das noch nach Zukunftsmusik. Doch in der pharmazeutischen Forschung und Versorgung ist genau das längst Alltag. Algorithmen erkennen Tumorzellen, analysieren Daten aus klinischen Studien oder führen Gespräche mit Patient:innen. Was technisch möglich ist, wird zunehmend genutzt. Die entscheidenden Frage sind jedoch: Wie verantwortungsvoll gestalten wir diesen Einsatz? Wer entscheidet, ob ein System vertrauenswürdig genug ist, um mit sensiblen Gesundheitsdaten zu arbeiten? Wer trägt die Konsequenzen, wenn eine Empfehlung der KI zu einer Fehldiagnose oder falschen Therapie führt? Und wie stellen wir sicher, dass bei aller technologischen Dynamik eines nicht verloren geht: der Mensch?

Quelle: KI-generiert

Vom Labor in die Lebenswelt: Wo KI in der Pharmabranche schon wirkt

Viele Pharmaunternehmen setzen schon seit Jahren auf KI. Und das nicht nur als Pilotprojekte, sondern als fester Bestandteil ihrer Abläufe. So kommt sie beispielsweise in der Wirkstoffentwicklung zum Einsatz, um in riesigen Datenpools vielversprechende Substanzen zu finden, die als Ausgangspunkt für neue Medikamente dienen könnten. Denn wo früher monatelang im Labor getestet wurde, können heute Modelle vorhersagen, welche Kombinationen überhaupt eine Chance haben.

Auch in der medizinischen Diagnostik spielt KI längst eine Rolle: Programme werten bildgebende Verfahren aus und erkennen Auffälligkeiten, die dem menschlichen Auge entgehen. In der Patientenversorgung sammeln smarte Geräte kontinuierlich Daten – etwa zu Herzfrequenz, Schlafverhalten oder Bewegung – und speisen diese in lernende Systeme ein, die Risiken erkennen und Empfehlungen aussprechen können.

All diese Fortschritte eröffnen enorme Potenziale. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob solche Systeme immer fair, nachvollziehbar und verlässlich sind. Und was eben passiert, wenn dem nicht so ist.

Quelle: Foto von julien Tromeur auf Unsplash

Was die EU KI-Verordnung für die Pharmabranche bedeutet

Mit der EU KI-Verordnung hat die Europäische Union im Jahr 2024 einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der die Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz in definierte Bahnen lenken soll. Besonders für die Pharmabranche ist das relevant: Viele Anwendungen – etwa in der Diagnostik oder bei digitalen Therapiehilfen – sind sogenannte Hochrisiko-Systeme. Für sie gelten besonders strenge Anforderungen an Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz.

Konkret bedeutet das: Unternehmen sind verpflichtet, nachvollziehbar zu dokumentieren, wie ihre Systeme arbeiten, wie sie getestet wurden und welche Schutzmechanismen greifen. Sie müssen außerdem belegen, dass die eingesetzten Daten fair ausgewählt wurden und keine Personengruppen benachteiligen. Entscheidend ist auch, dass bei aller Automatisierung der Mensch mitverantwortlich bleibt – die Verantwortung darf nicht an eine Blackbox abgegeben werden. Die Botschaft dabei ist klar: Wer auf KI setzt, trägt nicht nur technische, sondern auch ethische Verantwortung.

Diese Vorgaben wirken zunächst wie zusätzliche Bürokratie. Doch sie sind vor allem eines: ein Schutz für die Menschen, die diesen Technologien in gesundheitlich sensiblen Situationen vertrauen.

Zwischen Fortschritt und Verantwortung

Technologische Entwicklungen haben in der Medizin immer auch ethische Fragen aufgeworfen. Das gilt für KI umso mehr, weil sie mit hoher Geschwindigkeit in Bereiche vordringt, die bislang klar in menschlicher Hand lagen. Eine KI kann große Mengen an Daten analysieren, aber sie kann nicht beurteilen, was ein Ergebnis für eine betroffene Person bedeutet. Sie kennt keine Unsicherheit, keine Angst, keinen sozialen Kontext.

Deshalb reicht es nicht aus, sich auf technische Exzellenz zu verlassen. Es braucht zusätzlich die Fähigkeit, Entscheidungen einzuordnen, Folgen abzuschätzen und Verantwortung zu übernehmen. Die beste Vorhersage nützt nichts, wenn sie in der konkreten Lebenssituation einer Person falsch verstanden oder nicht akzeptiert wird.

KI kann ein wertvolles Werkzeug sein. Aber nur, wenn sie als Teil eines Ganzen gesehen wird. Sie muss daher in menschliches Handeln und fachliche sowie ethische Abwägung eingebettet werden.

Verantwortung beginnt im Unternehmen

Damit KI verlässlich funktioniert, braucht es nicht nur gute Entwickler:innen, sondern auch kluge Strukturen im Unternehmen. Wer verantwortungsvoll mit KI arbeiten will, muss intern die richtigen Fragen stellen: Wer prüft die Daten, auf denen ein System basiert? Wer entscheidet, ob eine Anwendung wirklich zum Einsatz kommt? Und was passiert, wenn ein System fehlerhaft arbeitet?

Zwischen regulatorischem Pflichtprogramm und technologischem Aufbruch stehen Unternehmen also vor der Aufgabe, KI nicht nur irgendwie zu integrieren, sondern richtig. Das bedeutet vor allem: Governance etablieren.

Unternehmen brauchen daher klare Rollen und Prozesse, um mit diesen Fragen umgehen zu können. Manche arbeiten mit internen Ethikgremien, andere holen externe Fachleute hinzu. Wichtig ist vor allem, dass es einen Raum gibt, in dem technische, medizinische und gesellschaftliche Perspektiven zusammenkommen. Nicht jede Entscheidung muss perfekt sein, aber sie muss begründet und reflektiert sein.

So entsteht eine Kultur, in der neue Technologien nicht blind eingeführt, sondern bewusst gestaltet werden. Und das macht am Ende nicht nur die Systeme besser, sondern stärkt auch das Vertrauen in das Unternehmen.

Quelle: KI-generiert

Mensch + Maschine = Verantwortungsgemeinschaft

Das Ziel darf nicht sein, menschliche Arbeit durch Maschinen zu ersetzen, sondern sie sinnvoll zu ergänzen. Das bedeutet auch: KI muss so gestaltet und eingesetzt werden, dass sie unsere Werte nicht nur beachtet, sondern aktiv schützt. Vor allem in einem so sensiblen Bereich wie der Pharmazie.

Die ethischen Leitplanken dafür lassen sich in drei Prinzipien zusammenfassen:

1. Transparenz

Patient:innen haben ein Recht darauf zu wissen, ob und wie KI-Systeme in Diagnose oder Behandlung involviert sind. Und Unternehmen müssen in der Lage sein, ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu erklären. Keine Blackbox-Logik, sondern erklärbare Algorithmen.

2. Datenschutz

Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Informationen überhaupt. Wer mit ihnen arbeitet, ob Mensch oder Maschine, trägt höchste Verantwortung. KI darf nie zur Datenkrake werden. Sie muss sich den europäischen Grundrechten unterordnen, nicht umgekehrt.

3. Empathie

So paradox es klingt: Auch Maschinen müssen Empathie können, zumindest in ihrer Wirkung. Schon jetzt gibt es Tools und KI-Systeme, die mittels Persona-Scripting und adaptiven Lernens patientenzentrierter kommunizieren können.

Die Rolle von Kommunikation: ehrlich, offen, verständlich

Künstliche Intelligenz ist für viele Menschen nach wie vor schwer zu greifen. Gerade in der Medizin und Pharmazie, wo die eigene Gesundheit betroffen ist, entsteht schnell Unsicherheit. Deshalb ist es entscheidend, wie über den Einsatz von KI gesprochen wird. Und das nach innen wie nach außen.

Kommunikation darf hier nicht technisch oder verklausuliert sein. Patient:innen wollen verstehen, wie ihre Daten genutzt werden, ob sie selbst Entscheidungen treffen können und ob ein System wirklich auf ihre individuelle Situation eingeht. Auch Mitarbeitende haben Fragen: Wird ihre Expertise ersetzt? Welche Verantwortung bleibt bei ihnen?

Pharmaunternehmen sollten neue Regularien daher nicht als Bremsklotz, sondern als Kommunikationschance verstehen und offen darüber sprechen, wie sie mit KI arbeiten, welche ethischen Maßstäbe sie sich setzen und wie eine Verbindung zwischen Technologie mit Menschlichkeit sichergestellt wird.

Gute Kommunikation bedeutet, offen zu erklären, wo KI helfen kann und wo ihre Grenzen liegen. Wer hier transparent ist, baut Brücken, wo sonst Unsicherheit entstehen würde.

Ethik ist kein Add-on – sie gehört in den Kern

In vielen Diskussionen über Technik wird Ethik als nachträgliches Korrektiv verstanden. Quasi als etwas, das dann zum Einsatz kommt, wenn Probleme entstehen. Doch in der Praxis ist es genau umgekehrt: Wer ethisch denkt, bevor Systeme entwickelt oder eingeführt werden, vermeidet viele Probleme von Anfang an. 

Gerade in der Pharma- und Gesundheitsbranche, in der es um das Wohl und oft auch das Leben von Menschen geht, ist diese Haltung unverzichtbar. Ethik ist hier kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie beginnt mit einfachen Fragen: Wollen wir diese Anwendung wirklich? Wissen wir, wie sie funktioniert? Und: Würden wir sie auch bei uns selbst oder unseren Angehörigen einsetzen?

Eine KI, die mit Daten über Krankheiten, Diagnosen oder Lebensstil arbeitet, greift tief in die Privatsphäre ein. Deshalb ist es entscheidend, wie diese Daten verarbeitet, gespeichert und genutzt werden – und ob Betroffene Einfluss darauf haben. Wenn solche Fragen zur Selbstverständlichkeit werden, ist Ethik nicht länger ein Zusatz, sondern Teil der DNA eines Unternehmens. Denn gerade hier bedeutet ethisches Handeln weitaus mehr als reine Compliance.

Quelle: KI-generiert

Fazit: Haltung ist kein Nice-to-have, sondern Unternehmenskompetenz

Künstliche Intelligenz kann die medizinische Versorgung verbessern – aber nur, wenn wir sie mit Verantwortung gestalten. Sie kann früher warnen, gezielter behandeln, Abläufe entlasten. Doch technischer Fortschritt ist kein Selbstläufer. Entscheidend ist, was wir heute daraus machen. Die EU KI-Verordnung liefert dafür erste Leitplanken. Doch die eigentliche Haltung entsteht im Inneren der Unternehmen: durch Entscheidungen, Strukturen und ehrliche Kommunikation.

Wer KI in der Pharmabranche einsetzt, muss Verantwortung übernehmen – nicht irgendwann, sondern jetzt. Nicht erst, wenn Fehler passieren. Nicht nur, weil es gesetzlich vorgeschrieben ist. Sondern aus Überzeugung. Diese Verantwortung gilt nicht nur gegenüber der Technik, sondern vor allem gegenüber den Menschen, deren Gesundheit, Daten und Vertrauen auf dem Spiel stehen. Denn nur dort, wo ethisches Bewusstsein und technologische Möglichkeiten zusammenkommen, entsteht echter Fortschritt. Fortschritt, der nicht nur effizient, sondern gerecht ist. Der nicht nur Prozesse verbessert, sondern auch das Miteinander. Und der zeigt, dass moderne Technologie und menschliches Maß sich nicht ausschließen – sondern genau da stark sind, wo es wirklich zählt.

Willst du mehr zu unseren 5 Säulen einer verantwortungsbewussten Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz erfahren? Dann hier entlang.

Manja Rehfeld

Mit ihrer Leidenschaft für die englische Sprache, Notizen und ausgiebiger Recherche ist Manja der Sherlock Holmes der Earlybirds – immer auf der Suche nach Fakten und Informationen für Geschichten.

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