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Von innen nach außen: 5 Learnings auf unserem Weg zu mehr Inklusion
Backstage Culture 5. April 2022

Von innen nach außen: 5 Learnings auf unserem Weg zu mehr Inklusion

Fast genau ein Jahr ist es her, dass mir in meinem kleinen Homeoffice Marlene Fragge und Nils Dreyer der Hilfswerft am Bildschirm gegenübersaßen. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht, berichteten sie hoch motiviert und voll Leidenschaft von ihrem neuen Projekt Inklupreneur, einer Initiative, die das Thema Inklusion in die Berliner Startup-Szene tragen soll. In Zusammenarbeit mit dem LaGeSo wollen sie so innerhalb von drei Jahren über 100 neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schaffen.

Screenshot Startseite Inklusion mit InklupreneurZunächst baten sie uns in diesem Zuge, ihnen PR-technisch etwas unter die Arme zu greifen. Gesagt, getan! Seitdem hat unsere Beraterin Josefine hier tolle Beiträge erzielt (z.B. hier im Tagesspiegel). Zum anderen wollten die beiden jedoch auch mal horchen, ob nicht auch wir von Mashup Communications den Pledge unterzeichnen und uns für die Einstellung von Menschen mit Behinderung verpflichten wollen. Zwar sind wir den Startup-Schuhen bereits entwachsen, aber dennoch wären wir ein toller Match für die so genannte erste Kohorte, also die erste Gruppe von Unternehmen, die aktiv für mehr Inklusion eintreten.

Ich erinnere mich noch genau, wie ich, während die beiden sprachen, dachte: Kein Problem! Wir sind doch schon total offen allen Bewerber:innen gegenüber!

Um ehrlich zu sein, waren wir wohl vor Inklupreneur davon ausgegangen, diese Einstellung allein genügt, um inklusiv zu sein – wir freuten uns schließlich schon immer über jede Bewerbung qualifizierter Kandidat:innen, egal mit welchem Gepäck sie reisen. Mittlerweile sind wir allerdings seit einem knappen Jahr dabei und haben vor allem durch den Kontakt zu Menschen mit Behinderung nochmal ganz viel über uns, aber eben auch über potenzielle Bewerber:innen gelernt. Fünf Erkenntnisse über den Weg zu mehr Inklusion.

1. Offenheit im Kopf reicht nicht aus!

Schon im Gespräch mit Marlene und Nils, überkam mich ein erster Verdacht, dass wir als Unternehmen vielleicht doch noch nicht so super inklusiv sind. Zwar zweifelte ich keine Sekunde daran, dass wir keinen Unterschied machen würden, zwischen neuen Talenten mit und ohne Behinderung, gleichzeitig wollte mir allerdings auch nach längerem Grübeln keine Gelegenheit einfallen, in der sich jemals offenkundig ein Mensch mit Behinderung bei uns vorgestellt hätte (und in meinen 10 Jahren Mashup habe ich wirklich viele Gespräche geführt).

Scheinbar kamen wir also längst nicht so offen und einladend rüber, wie wir uns fühlten. Als ich diese Erkenntnis meinen zwei erfahrenen Gegenübern mitteilte, erntete ich wenig Überraschung. Genau das ist nämlich eine der Baustellen, mit der sich das Pilotprojekt Inklupreneur beschäftigten will: Wie finden Unternehmen und Talente mit Behinderung zusammen? Tatsächlich ist es im Alltag häufig gar nicht unbedingt die Einstellung der Firmen, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit verhindert, sondern eben auch die oft gar nicht bedachte Hemmschwelle für Interessierte, sich mit Behinderung überhaupt zu bewerben.

Im ersten Schritt mussten wir uns also eine zentrale Frage stellen: Wie kehren wir unsere tiefverwurzelte Offenheit nach außen, welche Hürden haben wir (unbewusst) geschaffen und wie bauen wir diese jetzt wieder ab, um allen qualifizierten Bewerber:innen den Weg zu uns zu ebnen?

Neonschild Open repräsentiert Offenheit für Inklusion2. Inklusiv, aber bitte authentisch! Finger weg von klischeehaften Stockphotos!

Im Herzen inklusiv! Immerhin daran konnten wir einen dicken Haken machen. Wer von außen einen Blick auf unser Team wirft, kann davon jedoch leider gar nichts sehen. Divers, durchaus, aber inklusiv? In gewisser Weise ist das wohl ein Henne-Ei-Problem, denn die besten Botschafter:innen für ein Unternehmen sind und bleiben die eigenen Mitarbeitenden. Da in diesem Bereich jedoch bisher niemand für uns bürgen konnte, begannen also unsere Köpfe zu rattern.

Wie bringt man glaubhaft rüber, dass man sich genauso über Bewerbungen von Menschen mit Behinderung freuen würde, wenn man bisher noch so gar keine eingestellt hat? Wie repräsentiert man eine tolerante Unternehmenskultur, wenn das Team bisher gar nicht alle Facetten widerspiegelt?

Ein erster Impuls war es, vielleicht über inklusive Stockphotos in Blogposts oder Social Media unsere generelle Offenheit zu transportieren. Hierfür gibt es inzwischen sogar großartige Bilddatenbanken wie Gesellschaftsbilder, die dazu anregen, beim Bebildern stets die gesamte Gesellschaft – in all ihren Formen und Farben – abzubilden.

Besonders im Gespräch mit den wunderbaren Mentor:innen von Inklupreneur, die uns während des Projekts auf Grundlage ihrer persönlichen Erfahrung mit Behinderung liebevoll und unermüdlich beraten und coachen, stellte sich aber schnell heraus: Das ist nicht der richtige Weg für uns.

So wie wir unseren Kunden predigen, Storys bitte nicht zu konstruieren oder zu erzwingen, sondern nur authentische Aufhänger zu nutzen, so war auch das Feedback der Mentor:innen eindeutig. Stockphotos mit Mitarbeiter:innen, die es bei uns gar nicht wirklich gibt, nur damit darauf dann vielleicht ein Hörgerät oder ein Rollstuhl zu sehen ist? Bitte nicht!

Was übrigens keinesfalls heißen soll, dass inklusive Stockphotos nicht absolut wunderbar sind. Repräsentanz ist so, so wichtig! Nur in unserem Falle wäre es einfach nicht authentisch. Wir wollen ja kein inklusives „Greenwashing“ betreiben, sondern unsere ehrliche und aufrichtige Offenheit zeigen – so wie wir eben (momentan noch) sind.

3. Lasst es raus – jetzt alle mal betont offen, bitte!

Als Storytelling-Profis kennen wir natürlich alle die Aussage „Show, don’t tell!“. Denken wir beispielsweise an einen Roman, möchten wir als Leser:innen nicht alles ausbuchstabiert und vorgesetzt bekommen, wir wollen zwischen den Zeilen lesen, wir wollen ein „Gefühl“ für die Figuren bekommen, anstatt alles langweilig abzulesen.

Vielleicht weil mir dieser Satz als Geschichtenerzählerin so präsent ist, vielleicht auch einfach, weil die Offenheit für mich so selbstverständlich ist, hatte ich mit dem Folgenden Punkt wohl am meisten „Probleme“. Die Antwort auf unseren Zwiespalt, Inklusion bisher nicht bildhaft zeigen zu können, ist nämlich, sie auszusprechen.

Anstatt also eine künstliche Welt über Stockphotos zu konstruieren, war der Rat des Inklupreneur-Teams: Sprecht euren Wunsch, inklusiv zu sein aus! Lasst Menschen mit Behinderung explizit wissen, dass ihre Bewerbungen willkommen sind.

Auf unserer Karriereseite stellen wir uns deshalb inzwischen unter anderem so vor:

…Wir sind eine faire Agentur und Initiator:innen des Netzwerks FAIRGENCY. Zudem nehmen wir am Projekt Inklupreneur teil, mit dem wir uns zum Ziel gesetzt haben, inklusive Stellen für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Das Wohl unserer Mitarbeiter:innen steht bei uns an erster Stelle. Davon profitieren auch unsere Kund:innen…

Und damit nicht genug. Unter der Überschrift „Was uns wichtig ist“ haben wir außerdem einen komplett neuen Abschnitt entwickelt, der nochmal klipp und klar sagt, was Sache ist:

Wir unterstützen Diversität, Offenheit und gegenseitigen Respekt. Deswegen freuen wir uns über Bewerbungen aller Interessierten, unabhängig von Herkunft, Alter, Religionszugehörigkeit, sexueller Identität, Geschlechtsidentität oder einer Behinderung, und aller Menschen mit Migrationsgeschichte sowie People of Colour. Darüber hinaus setzen wir uns für flexible und familienfreundliche Arbeitszeit- und Arbeitsplatzgestaltung ein und versuchen gerne, mit euch gemeinsam eine individuelle Lösung zu entwickeln.

Auch wenn das natürlich schon immer so war und für uns auch völlig selbstverständlich ist, sagen ein paar direkte, klar positionierte Sätze in diesem Fall einfach tausend Mal mehr als Bilder und öffnen hoffentlich alle mentalen Türen für potenzielle Bewerber:innen. You are welcome <3

Symbolbild Gemeinsam für mehr Inklusion4. Barrierefrei im Netz: Technische Hürden abbauen

Auch ein Thema, worüber ich mir als gesunde und neurotypische Frau bisher nicht viele Gedanken machen musste, ist die technische Komponente von Barrierefreiheit. Erst seit ich im Zuge von Inklupreneur öfter Menschen gegenübersaß, die die Welt aufgrund ihrer Behinderung anders wahrnehmen als ich, fällt mir auf, wie wenig inklusiv die Gesellschaft auch hier ist.

Zwar gibt es heutzutage glücklicherweise praktische Hilfsmittel wie Screenreader, um beispielsweise blinden oder sehbehinderten Menschen die Reise durchs Netz zu ermöglichen, allerdings müssen für ein reibungsloses Funktionieren auch einige Voraussetzungen auf Webseiten gegeben sein.

Wir versuchen deshalb inzwischen stets mit Bildbeschreibungen und Alternativtexten zu arbeiten, auch auf sehr visuellen Kanälen wie Instagram planen wir entsprechende Hilfen – work in progress! Gleichzeitig versuchen wir, die Navigation gerade bei wichtigen Anlaufstellen, wie der Karriereseite, möglichst simpel zu halten.

Größte Baustelle in puncto technische Hürden bleibt für den Moment wohl unsere Startseite, die zugegeben wahrscheinlich ein absoluter Albtraum für Screenreader oder neurodiverse Menschen ist. Allerdings wollen wir hier nichts übers Knie brechen und lieber eine nachhaltige Lösung schaffen, die uns und die Besucher:innen der Webseite überzeugt, denn:

5. Fazit: Sich treu bleiben, statt Inklusion zu forcieren!

Am Ende haben Marlene, Nils und das wunderbare Inklupreneur-Team ein wirklich unglaublich informatives, hilfreiches und motivierendes Projekt auf die Beine gestellt, das allen beteiligten Firmen einen Riesenschubs in die richtige Richtung gegeben hat. Im Zuge der regelmäßigen Veranstaltungen wurden uns tausende Möglichkeiten aufgezeigt, das Thema Inklusion im Unternehmen anzugehen.

Was für uns am Ende aber auch eine wichtige Erkenntnis war: Wir wollen definitiv auch nach außen inklusiver werden und alle möglichen Stellschrauben drehen, aber bitte organisch. Während es beispielsweise für produzierende Teams total sinnvoll sein kann, Arbeitsabläufe aktiv so anzupassen, dass Stellen für Menschen mit Behinderung entstehen, haben wir uns bewusst gegen so genanntes „Job Building“ entschieden.

Für uns ist das Ziel nicht: Wir müssen Menschen mit Behinderung einstellen, um Menschen mit Behinderung einzustellen! Für uns ist das Ziel: Wir wollen, dass alle Bewerber:innen, die zu uns passen, sich gleichermaßen angesprochen und willkommen fühlen!

Wir sind überzeugt, dass jedes Unternehmen von Diversität und Inklusion profitiert. Immer. Und vielleicht unterstützt uns ja auch dieser Blogpost weiter bei unserer Mission, diese Grundeinstellung nach außen zu tragen.

Habt ihr noch Tipps oder Feedback zum Thema Inklusion für uns? Lasst es uns wissen!



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