Der Vertriebsmitarbeiter oder IT-ler gibt auf dem Unternehmensblog seine Insights weiter. Der Blogpost wird von einer Social-Media-Managerin auf LinkedIn gepostet, untermalt mit einer Slideshare-Präsentation. Die PR-Abteilung ärgert sich daraufhin, weil man den Inhalt einem Fachmagazin hätte exklusiv anbieten können. Der Marketing-Mitarbeiter liest den Post und stellt wiederum fest, dass das Thema sehr spannend für die Messeunterlagen gewesen wäre. Diese sind nun aber schon auf dem Weg. Die Personalabteilung freut sich, weil über den Artikel neue Bewerber auf das Unternehmen aufmerksam geworden sind. Die CEO zuckt nur gleichgültig mit den Schultern, weil der Artikel inhaltlich meilenweit entfernt von den gerade festgelegten strategischen Schwerpunkten liegt.
Dieses Szenario wird in vielen Unternehmen immer wahrscheinlicher. Die Grenzen zwischen Marketing, PR, Employer Branding etc. verschwinden dank Storytelling und Content-Strategie zunehmend. Das Denken in klassischen Abteilungen hält die Mauern aber weiterhin aufrecht. Entweder wird zu wenig untereinander kommuniziert; oder zu viel, und jeder möchte bei jedem noch so kleinen Facebook-Post mitreden.
Mein Plädoyer lautet daher, dass sich Unternehmen von den klassischen Domänen loslösen und stattdessen eine zentrale Redaktion installieren sollten. Um zu erläutern, wie das aussehen kann, hole ich mir Steve Wiens, Managing Editor von Microsoft Stories, als Sparringpartner hinzu. Mit ihm durfte ich vor zwei Jahren für mein Buch „Storytelling für Unternehmen“ in einem ausführlichen Interview genau diesen Ansatz bei Microsoft erörtern. Die folgenden Zitate sind daraus entnommen.
Der Newsroom und neue Rollen
Steve Wiens: „Unsere tägliche Arbeit sieht eigentlich sehr ähnlich aus wie in einer Zeitungsredaktion, nur dass wir den Luxus haben, unsere Geschichten unter weniger Zeitdruck erstellen zu können. Wir haben News-Meetings und auch unsere redaktionellen Prozesse erinnern mich stark an meine Anfänge als Journalist. Wie Zeitungsreporter gehen wir über den Campus, immer auf der Suche nach Menschen und Momenten, die Microsoft, seine Vision und Werte definieren. Dabei kommt es in unserer immer noch recht überschaubaren Redaktion nicht auf die Anzahl der Geschichten an, die wir veröffentlichen, sondern auf die Qualität. Auf der anderen Seite sind jedoch auch viele kreative Überlegungen involviert, die ich eher mit der Werbung verbinde. So brainstormen wir zum Beispiel häufig, welches visuelle Potenzial eine Geschichte hat und wie wir dies entsprechend aufbereiten können. Für bestimmte Geschichten sprechen wir auch viel mit Designern, um die beste Aufmachung zu finden.“
Statt intern die Säbel zwischen Marketing, PR & Co. zu wetzen, behält in einem Brand Newsroom, wie in einer traditionellen Redaktion, der Chefredakteur den strategischen Überblick über die Themenplanung und die damit verbundenen Ziele. Je nach Unternehmensgröße delegiert er oder sie die Storys an einzelne Redakteure; oder eine Redaktionssitzung plant sie gemeinsam. Eine Spezialisierung der Teammitglieder – abhängig von Thema und Struktur des Unternehmens – könnte auf folgenden Ebenen erfolgen:
- Format: Während ein Mitarbeiter auf das Schreiben von Blogposts spezialisiert ist und alle entsprechenden WordPress- und SEO-Aspekte kennt, ist ein anderer Redakteur auf umfangreiche Whitepaper, inkl. Grafik und Layout, fokussiert. Oder es unterscheidet sich in fachliche Themen und persönliche Mitarbeiterstorys.
- Prozess: Die Redaktion untergliedert sich in einzelne Produktionsstufen, von der Recherche, über das Verfassen, Grafik, Video, bis hin zu Lektorat, SEO, etc.
- Ressort: Redakteure bearbeiten jeweils unterschiedliche Themenbereiche.
Posted By
Miriam Rupp
Categories
Brand Storytelling, Marketing, PR