Von den Barden zu den Seanchaí: die lange Tradition der mündlichen Überlieferung
Das Erzählen von Geschichten ist eine jahrtausendealte Tradition in der irischen Gesellschaft. Die Brauchtümer und Geschichten der Kelten, die 500 v. Chr. die Insel besiedelten, wurden über Jahrhunderte hinweg nur mündlich überliefert. In der keltischen Kultur war nur das soziale Ansehen von Königen höher als das der Barden. Letztere konnten eine unglaubliche Anzahl an Liedern und Erzählungen auswendig, die sie bei Festen oder Veranstaltungen live vor ihrem Publikum vortrugen. Tatsächlich sind diese überlieferten Erzählungen die einzigen verfügbaren historischen Quellen der frühen irischen Geschichte. Aus den Barden entwickelten sich die Seanchaí (gesprochen: shan-a-key). Ursprünglich waren sie Diener des Stammeschefs. Später begannen sie jedoch, von Ort zu Ort zu wandern und die überlieferten Erzählungen ihres Stammes gegen Kost und Logis vorzutragen.
Da viele der Legenden ihren Ursprung im Gaeltacht, also dem Irisch sprechenden Teil des Landes haben, erzählten die Seanchaí traditionellerweise die Geschichten auf Gälisch. Deshalb sind die irische Sprache und Geschichtenerzählen in den Köpfen vieler Iren immer noch untrennbar miteinander verbunden. Literarische Zyklen, Erzählungen oder auch Heldengeschichten werden traditionell von Seanchaí erzählt, da es dazu spezieller Fähigkeiten und Wissen bedarf. Legenden hingegen werden ganz ungezwungen am Küchentisch oder im Pub erzählt.
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