Biografien oder Porträts im klassischen Sinne repräsentieren auf irgendeine Art immer Macht. „Wo kommst du her, was hast du gemacht? Welche Abschlüsse hast du? Möglicherweise sogar Preise gewonnen?!“ … sind die Fragen, um die sich das Gespräch dreht. Ein Gespräch, in dem doch so gerne alles – am liebsten bis ins kleinste Detail – über das Gegenüber herausgefunden werden möchte. Auf klassische Fragen folgen stereotype Antworten. Im Umkehrschluss hat das dann letztlich nur wenig mit dem Gegenüber selbst zu tun. Fakten und die „großen Errungenschaften“ sind zwar wichtig um im Alltag zu „performen“, doch was bewegt diesen Menschen tatsächlich, wie und mit welchen Lieben (er)lebt er seinen Alltag, was schränkt ihn ein?
Vor nicht allzu langer Zeit hörte ich den Ted-Talk Don’t ask where I’m from, ask where I’m local von Teaiye Salasi, einer britischen Schriftstellerin und Fotografin mit nigerianischen und ghanaischen Wurzeln. Darin sagt sie: Vergiss alles, was Biografie und Identität im bekannten Sinne ist. Frage lieber nach den drei großen Rs, um etwas über dein Gegenüber herauszufinden. Also frage diese Person, was ihre Rituale sind: Was machst du morgens als erstes, wenn du wach wirst? Was begleitet dich regelmäßig in deinem Alltag? Welche, vielleicht komischen, Marotten hast du? Frage sie außerdem welche Beziehung (Relations) sie prägen: Mit wem hast du den intensivsten Kontakt? Wem vertraust du regelmäßig an, was dich umtreibt? Und zu guter Letzt, versuche herauszufinden was ihre Restrictions sind: Was schränkt dich ein? Welche persönlichen Hindernisse konntest du bisher nicht überwinden? Wenn man auf diese Weise einer Person gegenübertritt, kristallisiert sich ein ganz anderes Bild von ihr, als würde man Fragen entlang des Lebenslaufes abspulen, die letztlich stereotype Bilder in die Köpfe der LeserInnen malen. Auf dieser Basis fiel mir die Entscheidung darüber, ein Porträt über meine liebe Kollegin Lea zu schreiben, leicht. Ich fragte sie also nach ihren drei großen Rs:

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Lisa de Haardt
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Backstage, Alumni, People