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Transmedia Storytelling – Wenn Hollywood Kampagnen inspiriert
Communications – PR, Content, Redaktion Tools 10. January 2019

Transmedia Storytelling – Wenn Hollywood Kampagnen inspiriert

Geheimnisvolle Puzzleteile in Mobile Games. Verpixelte Kornkreise, die plötzlich in Videos auftauchen. Semi-kryptische Textnachrichten werden auf das Handy von Spielern gesendet. Auf Twitter kursiert der Hashtag #Conspiracyforgood. Was klingt wie in einer mysteriösen Verschwörungstheorie à la Dan Brown, ist tatsächlich auch eine. Zumindest teilweise – bis zum 17. Juli 2010: An diesem Tag launchte Nokia offiziell seine „Social Benefit Storytelling“-Kampagne. Nachdem monatelangem Spannungsaufbau, entfaltet sich die Story in einem wochenlangen AR Game, in dem begeisterte Mitglieder des Publikums zum Gefährten der Heldin werden. Um den korrupten Ölkonzern Blackwell Briggs davon abzuhalten, eine afrikanische Siedlung und dessen Bibliothek umzusiedeln, müssen die frischgebackenen Side-Kicks Hinweisen folgen, Informationen aufdecken und miteinander interagieren, um Goliath zu Fall zu bringen. Diese Transmediakampagne hat alles: einen Hollywood-Regisseur, mehrere Eintrittspunkte, interaktives Storytelling und eine nahbare Hauptfigur. Doch wie genau sind sie aufgebaut?

Map von London
Quelle: YouTube

Das Transmedia 1×1

Eine Transmedia-Storytelling-Kampagne ist so konzipiert, dass jeder Hinweis für sich ein Puzzleteil der Gesamtgeschichte ist. Diese Clues werden über verschiedene Kanäle verteilt. Games, Social Media, Suchmaschinen, TV und sogar Offline Events eignen sich hier gut als Eintrittspunkte, damit die Zielgruppe in die Story-Welt eintauchen kann. Um also Teil der gesamten Geschichte zu werden, muss sich das Publikum auf möglichst vielen Channels bewegen und Neues entdecken um das Rätsel zu lösen. Auf einzigartige Art und Weise spricht es zu ihm und ermutigt es mit einem „Call to Adventure“ , mit dem Geschehen zu interagieren und es durch eigene Handlung voran zu treiben. Bevor allerdings das Spektakel beginnt, müssen Unternehmen nicht nur die Geschichte, sondern auch die Parameter der Kampagne definieren:

  • Was ist der zentrale Anker der Geschichte, bei dem alle Fäden zusammenlaufen sollen?
  • Wie können die verschiedenen Kanäle miteinander verzahnt werden?
  • Welche Handlung soll beim Publikum erwirkt werden?
  • Wie stark soll die Interaktion sein?
  • Was ist meine Zielgruppe und auf welchem Kanal können wir sie am effektivsten erreichen?
  • Wie spreche ich sie an / Was ist unser „Call to Adventure“?

Das Ziel sollte es sein, das Publikum auf jener Plattform zu bündeln, wo die Geschichte am besten erzählt wird. Gerade bei kleinerem Budget hilft es, diese Punkte zu verinnerlichen.

Der „Call to Adventure“ – Decoded

Zu Beginn der meisten Transmedia-Kampagnen steht das Ereignis, oder auch „Happening“. Dies muss nicht zwingend ein großes Konzert oder eine Verfolgungsjagd durch London sein, sondern kann viele unterschiedliche Formen annehmen – solange es zur Zielgruppe passt.

Für ihre staatenübergreifende Kampagne in den USA, machte sich die Suchmaschine BING die kommende Veröffentlichung von JAY-Zs Biographie „Decode“ als Ereignis zu nutze. Über das gesamte Land verteilte das Unternehmen Seiten der Autobiografie in Form von Plakatwänden und druckte den Inhalt sogar auf Teller in Restaurants oder das Innenfutter von Gucci Jacken. Dabei korrespondierte der Ort der Seite mit der tatsächlichen Geschichte, die darauf erzählt wird, u.a. sein Geburtsort. Nun kommt der transmediale Ansatz ins Spiel: Alle Elemente der Kampagne liefen über Bing zusammen.

Ein integriertes Online Game auf separater Landing Page führte begeisterte Fans zu den Locations der Seiten. Dessen Hinweise wurden täglich durch Facebook, Radio und Twitter (Einstiegspunkte) veröffentlicht – die in 2011 reichweitenstärksten Medien für eine jüngere sowie auch eine ältere Zielgruppe.  Daraufhin begann eine Schnitzeljagd, in der sich Mitspieler über die ausgewählten Kanäle (Facebook, Twitter) verständigten, um alle Puzzleteile zusammenzufügen. Durch „crowdsearching“ gefundene Koordinaten verrieten dann über Bing Search und Maps den Zielort. Auf diese Weise fügten die Teilnehmer die gesamte Biographie online zusammen.  Die Kampagne selbst wurde zum Phänomen und die Erfolge sprechen für sich:

The Game of Transmedia – World Building

Eine Geschichte über verschiedene Kanäle zu erzählen, bedeutet auch, das Publikum an allen Bildschirmen zu erreichen. Diese ganzheitliche Erfahrung für „World-Building“ zu nutzen, ist eine der Königsdisziplinen des Transmedia Storytelling. Dafür eignet sich am besten eine Welt, die bereits erschaffen wurde: Westeros und die Geschichte von Game of Thrones.

Um das auf einem Buch basierende Serienepos zum neuen Popkultur-Trend des Senders HBO zu machen, musste das Unternehmen sowohl alteingesessene Fans als auch eine breite Masse ansprechen.  Aus diesem Grund ist die Leitidee der Kampagne Realität und Fantasie zu verschmelzen und mit allen Sinnen zu erleben.

HBO ließ sich zu jeder Wahrnehmung etwas ganz Besonderes einfallen, um verschiedene Bevölkerungsgruppen auf einzigartige Art und Weise anzusprechen. Influencer bekamen eine Box mit Düften von Handlungsorten in Westeros, die binnen 48 Stunden darüber berichteten. Weiterhin durften User in einer eigens programmierten 3D-Erfahrung Gesprächen in einer virtuellen Taverne lauschen und bekamen einen Einblick in die Verschwörungen in der Serie. Auch in einer First-Person Simulation gelangen sie auf den Wall der eisigen Mauer, im Norden von Westeros, wo die Nachtwache patrouilliert.

Auf den Straßen von New York verteilen Food Trucks die Gerichte der mittelalterlichen Fantasiewelt, die mit einem neuen Video angekündigt werden. Daraufhin werden Follower über Facebook und Twitter an verschiedene Orte in New York gelenkt, um die Ersten zu sein, sie zu kosten. Auf dem Handy spiegelt eine Wetter-App die Temperatur am eigenen Ort mit der korrespondierenden Temperatur der sieben Königreiche. Letztlich arbeiten Fans in separaten Online-Spielen und -Puzzles zusammen, um Previews der Serie freizuschalten. Ähnlich wie beim sprechenden Hut auf Pottermore,  ermutigten Teilnehmer der Kampagne Andere über Social Media, um nach ihren Ergebnissen zu fragen.

Auf diese Weise führte die Kampagne sowohl Hardcore-Fans der Serie als auch eine breitere Zielgruppe zusammen. Je tiefer der User im Kaninchenbau war, desto höher war für ihn der Mehrwert.

Fazit:

Transmedia-Kampagnen haben das Potenzial, dem Kunden eine Marke auf unverwechselbare Art und Weise näher zu bringen. Basiert sie auf einer spannenden Brand Story, wird die Zielgruppe in eine Welt entführt, in der sie sich entfalten können und selbst Teil der Geschichte werden. Dies schafft eine treue Fanbase mit emotionaler Bindung zum Produkt, einer Serie oder zu einem wohltätigen Zweck. Deshalb sollte die Basis einer jeden Kampagne sein, den Kunden nicht nur passiv zu integrieren, sondern ihm auch eine aktive Rolle zu geben, statt sich das Spektakel aus dem Publikum heraus zu betrachten.



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