Zwischen Gipfeln und Geschichten: Patagonias narrative Expedition
Patagonien ist der Name für eine transnationale Region, die sich über die südlichen Teile von Chile und Argentinien erstreckt. Es ist ein Gebiet, das Abenteurerinnen und Naturliebhaber aus aller Welt anzieht. Die atemberaubenden Landschaften einschließlich weitläufiger Steppen, Wüsten, Wälder und Gebirgsketten haben auch Yvon Chouinard in den 1970ern tief beeindruckt. Deshalb benannte der begeisterte Kletterer und Outdoor-Enthusiast im Jahr 1973 seine Bekleidungsfirma „Patagonia“. Die Namensgebung spiegelt den Geist des Abenteuers, die Liebe zur Natur und das Engagement für den Umweltschutz wider – Werte, die das Fundament der Marke bis heute ausmachen.
Aber wie hat es eine Outdoor-Marke geschafft, cool zu werden? Warum tragen Menschen nicht nur beim Wandern Patagonia-Westen, sondern auch im hippen Café im Prenzlauer Berg? Weil Patagonia im Bereich des Storytellings eine ganz eigene Liga betreten hat. Was genau daran so einzigartig und wirkungsvoll ist? Lies und lern!
Start with why: Ein klar definierter Purpose
„Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten“ definiert Patagonia ihren Purpose – das Warum ihrer Existenz. Das Storytelling des ganzen Markenauftritts beginnt darauf aufbauend mit einem Commitment zur Authentizität, das seinesgleichen sucht. Die Geschichten, welche die Brand erzählt, sind tief in ihren Markenwerten verwurzelt: Umweltschutz, Nachhaltigkeit und die unermüdliche Unterstützung von Umweltaktivisten.
Jedes Kleidungsstück, jede Kampagne, jedes gesellschaftliche Engagement erzählt eine Geschichte, die nicht nur die Marke verkörpert, sondern auch die Kunden auf eine emotionale Reise mitnimmt. Denn die Marke spielt sich nicht als Heldin auf, sondern zelebriert ihre Rolle als Mentorin. Sie überlässt jenen Protagonisten die Bühne, die hinter dem Warum der Marke stehen: die Natur, sportbegeisterte Menschen und Umweltaktivisten.
Die Kraft von visuellem Storytelling
Patagonia nutzt dazu die Kraft des Visuellen. Mit atemberaubenden Naturaufnahmen, teils von bedrohten Gebieten, gepaart mit sorgfältig ausgewählten, aber durchaus provokanten Worten, unterstreicht die Marke das Narrativ, das sie erzählen will – ohne sich selbst dabei in den Mittelpunkt zu rücken. Es geht in den wenigsten Spots um Patagonia selbst. Es geht um ein Gefühl. Darum, die Dringlichkeit zum Umweltschutz nicht nur verständlich, sondern spürbar zu machen.
Better together: Die Community im Fokus
Indem Patagonia ihren Kunden, Mitarbeitenden und Partnerorganisationen eine Plattform bietet und sie ihre Geschichten erzählen lässt, bereichern diese Perspektiven das narrative Ökosystem. Durch das Einbinden der Community schafft Patagonia eine tiefere und persönlichere Verbindung, weil ihre Geschichten „relatable“ sind. Das Publikum kann sie verstehen, nachfühlen und sich mit ihnen identifizieren. Dabei reicht die Fangemeinde von Umweltaktivisten, Sport- und Reiseenthusiasten über städtische Bildungsbürger. Die Mission von Patagonia schafft es, diese diverse Masse hinter ihrer Marke zu vereinen.
Practice what you preach: Authentizität als Kern des Erfolgs
Obwohl Patagonia sich nicht selbst ins Rampenlicht stellt, werden die medialen Scheinwerfer automatisch hin und wieder auf die Marke gerichtet. Und zwar immer dann, wenn sie mit einer innovativen, „extremen“ oder kritisierenden Aktion um die Ecke kommt. Denn was Patagonia so beliebt macht, ist ihre Authentizität. Neben etlichen Fällen von Greenwashing bei anderen Marken, nimmt man Patagonia ab, dass ihnen Nachhaltigkeit wirklich wichtig ist.
Im Jahr 2011 schaltete die Marketing-Abteilung zum Black Friday die berühmte „Don’t Buy This Jacket“-Anzeige, die dazu auffordert, über das eigene (und gesellschaftlich normalisierte) Konsumverhalten nachzudenken. Die Brand bietet zum Beispiel einen Reparaturservice an, um die Lebensdauer ihrer Kleidungsstücke zu verlängern. Ihre Website verweist zudem hinter einem eigenen „Aktivismus“-Reiter auf Umweltschutzgruppen, denen man sich anschließen kann. So weckt Patagonia den Aktivismus-Geist in seinen Fans.
Patagonia als unermüdliche Rebellin
Zehn Jahre später, 2021, machte Chouinard dann weltweit Schlagzeilen mit seinem Brief, in dem er verkündete: „Die Erde ist ab sofort unsere einzige Anteilseignerin.“ Der Gründer hat sein milliardenschweres Unternehmen nämlich nicht verkauft, sondern Mutter Erde vermacht. Der gesamte Gewinn (nach Reinvestitionen in das Unternehmen) geht nun an die gemeinnützige Organisation Holdfast Collective, um zur Bekämpfung der Umweltkrise beizutragen. Alle Stimmrechte liegen beim Patagonia Purpose Trust, der bei jeder Entscheidung die Unternehmenswerte zugrunde legt. Patagonia legt damit die Messlatte an sich selbst hoch an und wird nicht müde, neue Pfade zu gehen, die in der Wirtschaft bisher unüblichen waren.
Storytelling durchgespielt: Auf Worte folgen Taten
Damit beweist Patagonia, dass effektives Storytelling mehr ist als nur das Erzählen von Geschichten. Es geht darum, Werte zu leben, zum Nachdenken anzuregen und zum Handeln zu inspirieren. Ihr Ansatz zeigt, wie Marken durch authentisches und leidenschaftliches Erzählen eine echte Verbindung zu ihrem Publikum aufbauen und gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Welt haben können.
Die wahre Kunst des Storytellings passiert, wenn die Geschichte fertig erzählt ist. Patagonia hat es geschafft, dass Menschen nicht einfach nur Jacken kaufen, sondern Konsum als Aktivismus deuten – und hat Storytelling damit durchgespielt.
Gleichzeitig redet Patagonia nicht nur, sondern handelt und ist damit ein Paradebeispiel an authentischer Marke. Sie ist der Beweis dafür, dass es möglich ist, in einem kapitalistischen System Geschäfte zu machen, ohne die Welt, in der wir leben, zu kompromittieren. Sie ist der Beweis dafür, dass eine Marke erfolgreich wird, wenn ihre Worte und Taten übereinstimmen.
Welche Marken neben Patagonia noch für die gute Sache einstehen, erfahrt ihr in unserem Beitrag über Storyliving.
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