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Von Emotionslos bis herzerweichend – Brand Storytelling Kampagnen mit KI
Brands KI 27. May 2025

Von Emotionslos bis herzerweichend – Brand Storytelling Kampagnen mit KI

„Emotionen aus der Tiefkühltruhe“ – titelt das Online-Magazin campaign pointiert über die neue KI-generierte Kampagne von Stepstone zum diesjährigen Muttertag. Der Spot handelt von einer berufstätigen Mutter, die durch ihren anstrengenden Job immer weniger Zeit für die eigene Tochter hat. Bis das Mädchen selbst die Initiative ergreift und für ihre Mama eine bessere Anstellung sucht. Das Thema beinhaltet eigentlich alle Zutaten, die es für eine emotionale Erzählung braucht. Nur dass wir diese Gefühle vergebens in der porträtierten KI suchen. Und damit ist diese Werbekampagne kein Sonderfall. 

„Statt in dämlich-hübschen KI-Avataren à la Emma von der Deutschen Zentrale für Tourismus liegt die Zukunft in realen Geschichten und echten Menschen mit Ecken und Kanten“, bemerkte schon meine Co-CEO Miriam, als es bei den Marketing Trends 2025 neben KI eben auch um Emotionen ging. 

Dass aber Künstliche Intelligenz, geschickt eingesetzt, durchaus für durchdachtes Brand Storytelling sorgen kann, beweisen folgende KI-Highlights: 

KI-Storytelling mit Substanz: „Home of Dreams“ der SOS-Kinderdörfer

Die Organisation SOS-Kinderdörfer nutzte für ihre Storytelling-Kampagne zum ersten Mal generative KI, um die Träume und Erinnerungen geflüchteter Kinder in berührende Videos zu verwandeln. Dabei werden die wahren Geschichten aus der Ich-Perspektive erzählt und stellen vor allem die aus dem Leid gewachsenen Pläne der Protagonist:innen dar. Eine der Erzähler:innen ist keine Unbekannte: Mit der Musikerin Nura wurde ein prominentes Gesicht gefunden, dessen Fluchtgeschichte mittels KI nachgestellt wird.  

Die Idee für die KI-Kampagne entstand auch aus praktischen Gründen: Kinder für die Öffentlichkeitsarbeit zu filmen, gerade auch an Originalschauplätzen, ist zum einen riskant, aber auch sehr zeit-und kostenintensiv. Zum Schutz der Hilfsbedürftigen werden für Spendenkampagnen deshalb oft auch Schauspieler:innen für Fotos genutzt, die jedoch durch ihre immergleiche Ästhetik mittlerweile austauschbar geworden sind. Die KI-generierten Avatare in Disney-Optik sind hingegen eine willkommene Abwechslung und erzielen durch die Storytelling-Elemente in den Videos wahrscheinlich sogar eine größere Aufmerksamkeit und Spendenbereitschaft beim Publikum. 

Wie stellt sich KI eigentlich Ketchup vor? Verspieltes Storytelling mit Heinz

Laut AI Marketing Report von 2024 integrierten fast 70 Prozent der befragten Marketingfachleute schon KI in ihre Werbeaktivitäten. Chatbots, wie ChatGPT, Adobe Firefly oder Claude sind für viele zu täglichen Begleitern in ihrer Arbeit geworden. Wenn man sie denn mit den richtigen Prompts füttert. 

Ketchup im Weltraum - Von Emotionslos bis herzerweichend – Brand Storytelling Kampagnen mit KI

KI-Prompt: „Erstelle bitte eine fotorealistische Darstellung einer Ketchupflasche, die schwerelos im Weltraum schwebt, umgeben von Sternen und Planeten, mit einem Hauch von kosmischem Nebel.“

Die Firma Heinz nutzte bereits vor zwei Jahren das inzwischen veraltete OpenAI Tool DALL·E 2 als Kunstgenerator. Dazu stellten sie der KI Fragen, zum Beispiel, wie es sich Ketchup im Weltall vorstellt oder im Impressionismus. Heraus kam laut Heinz immer eine Ketchup-Flasche, die sehr  an ihre Marke erinnerte. Woraus die Brand passend zu ihrem Slogan „It has to be Heinz“ für ihre Kampagne schlussfolgerte: Selbst AI weiß, dass Ketchup von Heinz sein muss. Zudem beherzten die Marketer die Regeln des Transmedialen Storytellings: Die User konnten eigene Ketchup-KI-Bilder kreieren und teilen, was zur Viralität der Kampagne beitrug.

Ein KI-Herz für Heimtiere: Pedigree und ihre „Adoptable“ Kampagne

Marke plus Zweck plus KI gleich perfekte Brand Storytelling Kampagne. Die Firma Pedigree ist den meisten von uns lediglich als Hundefuttermarke geläufig. In den USA setzt sich die Pedigree Foundation jedoch seit mehr als 15 Jahren für die Vermittlung von Hunden aus Tierheimen oder Pflegestationen an liebevolle Besitzer:innen ein. Dass ein solches Matching nicht immer einfach ist und viel Arbeit mit sich bringt, kann man sich denken. 

Für eine neue Kampagne kam nun KI zum Einsatz. Die Umsetzung ist technisch genial und dennoch herzerweichend. Mithilfe der Künstlichen Intelligenz werden Bello, Hasso und Co. mittels Bildbearbeitung zu schicken Werbestars für Pedigree mit dem Aufruf, sie seien „Adoptable“. Der Clou: Sobald ein Hund vermittelt wird, kommt sogleich ein neuer tierischer Anwärter als Testimonial zum Zug. Zudem ermittelt die KI, welche die beste Umgebung für die jeweiligen Hunde ist und spielt die Anzeigen gezielt dort aus. Und natürlich geht ein Teil der Erlöse an die Stiftung, um weiteren Fellnasen ein neues Zuhause zu schenken.

Erst recht in Zeiten von KI: Dove und ihr Kampf gegen unrealistische Schönheitsideale

Wir alle wissen: KI spiegelt wider, was wir ihr zum Lernen geben. Wenn wir sie also mit veralteten Schönheitsidealen füttern, spuckt sie uns genau diese auch wieder aus, wenn wir Bilder mit KI-Tools generieren. Das hat auch die Marke Dove zu ihrem Spot „The Code“ veranlasst. Vor mehr als 20 Jahren rief Dove die „Initiative für wahre Schönheit“ als ihre Kernbotschaft ins Leben und sagt seitdem in zahlreichen Kampagnen auf allen Ebenen toxischen Leitbildern den Kampf an. 

Mit dem Vormarsch der KI-Bildprogramme werden nach ihrer Prognose ab jetzt 90 Prozent aller digitalen Inhalte von künstlicher Intelligenz erstellt werden. Auch die Bilder, die sie für ihren Werbefilm verwendeten, sind tatsächliche Ergebnisse eines KI-Tools. Damit zeigt die Beauty Brand auf, dass diese längst überholt geglaubten Stereotype für erstrebenswertes Aussehen wieder eine Gefahr darstellen, vor allem für junge Frauen und Mädchen. Deshalb spricht sich Dove klar gegen solche künstlichen Standards aus und ruft weiter dazu auf, natürliche Bilder unterschiedlicher Frauen und weiblich gelesener Personen in den Medien zu fördern und zu verbreiten.

Mein Fazit: KI als neuer Begleiter im kreativen Prozess, aber kein heiliger Gral

KI kann Spaß machen, Kreativität fördern und neue technische Lösungen liefern. Dennoch sollten wir bei aller Euphorie immer auch daran denken, welche Gefahren von KI ausgehen können, wenn wir sie nicht richtig trainieren. Zudem ist es ein Irrglaube, mit Künstlicher Intelligenz den heiligen Gral gefunden zu haben, der alle unsere kreativen Projekte allein umsetzt. Dafür braucht es zum Glück noch die emotionale Intelligenz der Menschen, welche die Unternehmungen steuern und die KI challengen.



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