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Im Kinohit des Jahres „Barbie“ werden sie als das Synonym für die wahre Welt abseits des pinken Universums verwendet: Kein Wunder, denn bereits seit Jahrzehnten zieht Birkenstock unabhängige Freidenker an und setzt sich über die vorherrschenden Stilnormen hinweg.

Doch wie wurde die deutsche „Gesundheitssandale“ so salonfähig, dass sie inzwischen auf dem roten Teppich der Oscar-Verleihung in Hollywood auftaucht? Und welche Krisen mussten auf dem Weg dorthin gemeistert werden? Taucht ein in die Heldenreise von Birkenstock:

Heldenreise in verschieden Etappen

Die gewohnte Welt: Schuhwerk für das harte deutsche Landleben

Um mehr über den Ursprung der Heldenreise von Birkenstock zu erfahren, begeben wir uns auf eine Zeitreise in das Jahr 1774. Damals war das Landleben in Deutschland geprägt von rauen Witterungsbedingungen. Entsprechend funktional und robust mussten Kleidung und Schuhwerk sein. Für uns heute kaum vorstellbar, aber damals besaß ein Großteil der Menschen nur ein Paar Schuhe, das regelmäßig geflickt und ausgebessert werden musste.

Diese enge Bindung der Menschen zu ihrem Schuhwerk spiegelt sich sogar in der Widmung eines Werkes von Johann Wolfgang von Goethe wider, der seinem Schuhmacher das Gedicht „Hans Sachsens poetische Sendung“ widmete.

Der Ruf des Helden: Eine neue Zielgruppe muss her!

Zu dieser Zeit findet auch die Familie Birkenstock aus dem hessischen Langen-Bergheim das erste Mal Erwähnung. Mit der Eröffnung zweier Schuhgeschäfte im Jahr 1896 in Frankfurt beginnt Konrad Birkenstocks Heldenreise: Er verkaufte spezielle Fußbetteinlagen, unter anderem aus Kork und Latex, die sich der Fußform anpassten. Seine Erfindung, das „Blaue Fußbett“, war zwar eine Innovation, trotzdem blieb der geschäftliche Erfolg aber aus.

Nach dem Ersten Weltkrieg witterte Konrad Birkenstock eine neue Möglichkeit der Vermarktung und sprach gezielt Soldaten an, die unter Fußproblemen litten. Zumindest in seiner Heimatregion schaffte er es so, sein Design als Revolution der Fußgesundheit anzupreisen.

Eine Heldenreise ins Unbekannte: Das „System Birkenstock“

Die Heldenreise von Birkenstock nimmt ihren Lauf: Überzeugt von der Wirksamkeit seiner Einlegesohlen, war Konrad Birkenstock fest entschlossen, ihre Vorteile auch über seine Heimat hinaus bekannt zu machen. Auf einer Reise durch Deutschland, die Schweiz und Österreich hielt er deshalb Fachvorträge über das „System Birkenstock“, der Kombination aus handgefertigten Schuhen und flexiblem Fußbett. Seine Anstrengungen zahlten sich aus, denn der Absatz seiner Einlagen stieg. In Friedberg errichtete er seine erste Fabrik zur Massenproduktion.

Trotz anfänglicher Zurückhaltung seitens der Öffentlichkeit fanden seine Ideen zunehmend Akzeptanz. Auf seinen Reisen wurde Konrad von seinem Sohn Carl begleitet, der Schulungen zum „System Birkenstock“ für Schuhmacher und Verkäufer ins Leben rief, damit diese das Birkenstock-Fußbett in ihren Läden anbieten konnten.

Heldenreise von Birkenstock
(Bildquelle: Birkenstock)

Konflikte und Krisen: Der steinige Weg zum idealen Schuh

Carl Birkenstock trat – im wahrsten Sinne des Wortes – in die Fußstapfen seines Vaters und optimierte die bisherigen Entwürfe, wobei er 1936 den „Ideal-Schuh“ entwickelte, der das natürliche Gehen als Grundlage hatte. Doch er war nicht bereit in Sachen Herstellung Kompromisse einzugehen, was es unmöglich machte, seine Ideen umzusetzen. Als 1954 sein technisch-interessierter Sohn Karl dem Unternehmen beitrat, kam endlich frischer Wind auf: 1963 brachte Birkenstock eine Sandale auf den Markt, deren Struktur und Konstruktion die Ästhetik des Brutalismus der modernen Architektur widerspiegelten.

Auch in der Heldenreise von Birkenstock bleiben Rückschläge nicht aus: Da die aktuelle Schuhmode aber von Stilettos geprägt war, wurde Karls Sandale vom Mainstream nicht akzeptiert. Um den Schuh zu vermarkten, wandte sich Karl deshalb an die Gesundheitsbranche und verteilte kostenlose Muster an Ärzte, was zu einer Flut von Bestellungen führte. Der Schuh fand vor allem in Freizeit- und alternativen Kreisen großen Anklang, brach mit Konventionen und wurde schließlich als das „Madrid“-Modell bekannt. Sein Design, basierend auf natürlichen Materialien und dem unverwechselbaren Fußbett, blieb bis heute nahezu unverändert.

Der Durchbruch im Mainstream: Die Rückkehr des Helden

Birkenstock behielt stets den Fokus auf Fußgesundheit, wobei Funktion und Ästhetik vereint wurden, ohne dabei der Mainstream-Mode nachzueifern. In den 80er- und 90er-Jahren verkaufte das Unternehmen bereits ins Ausland, primär an Gesundheitsbranchen und alternative Szenen. Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Die Fotografinnen Kim Knot und Corinne Day präsentierten Birkenstock-Modelle in Modezeitschriften, indem sie sie mit avantgardistischer Mode kombinierten. Dies brachte die Schuhe weltweit auf die Laufstege, was neunzig Jahre nach ihrer Entstehung eine völlig neue Ära für Birkenstock einläutete.

Heldenreise von Birkenstock
(Bildquelle: No Revisions via Unsplash)

Deutsche Schuhmachertradition bei den Oscars: Das Erbe von Birkenstock

„Wenn wir eine Million „All-Black-Arizonas“ nach New York schicken, sind diese im Nu ausverkauft“, berichtete der heutige Birkenstock-CEO Oliver Reichert 2018 der Vogue. Trotz der großen Nachfrage bleibt das Unternehmen seinem gesundheitlichen Ansatz treu und produziert inzwischen Schlafsysteme, also u.a. Matratzen, die sich der Form des Körpers anpassen, und sogar Naturkosmetikprodukte.

Ein Highlight in der Heldenreise von Birkenstock war zudem die Oscar-Verleihung, ebenfalls 2018, als Frances McDormand die Gewinnerin der Kategorie „Best Actress“ präsentierte – in knallgelben maßgeschneiderten Birkenstocks, die aus einer Kooperation mit dem Modehaus Valentino stammen.

Die einst deutsche Korksandale spielt heute also in der oberen Liga – eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, von wie vielen Rückschlägen die Geschichte von Birkenstock geprägt ist. Bis heute gilt sie als inspirierendes Beispiel für Markenentwicklung, welche Tradition und Innovation vereint. Die Heldenreise zeigt, wie eine Marke auf ihren Werten aufbauen kann, um sich gegen Trends und Moden zu behaupten – und damit sogar selbst zum Mainstream wird.

Auch hinter der Brand Hugendubel steht eine faszinierende Geschichte, die Lisa im Rahmen des 130. Geburtstags des Familienunternehmens in einem Blogpost erzählt. Viel Spaß beim Lesen!