Mehr Erfolg als CFO mit Financial Storytelling
Das FINANCE-Magazin kürt jeden Monat den oder die CFO des Monats in Deutschland. Beim Durchlesen dieser Porträts werden so einige typische Buzzwords bestätigt: Portfolios und Beteiligungen organisieren, Wachstum, Profitabilität, Marktanteile ausbauen, Kosten sparen, Liquiditätsoptimierung, Börsengang, Working Capital, usw. Immer häufiger liest man dort aber auch von Eigenschaften und Skills, die man nicht unbedingt vom Klischee des peniblen Finanz-Bad-Cops erwartet hätte.
Über Onno Schüssler, CFO bei Körber Supply Chain, heißt es zum Beispiel: „Ein wichtiger Punkt für ihn war auch die Kommunikation mit den Portfolio-Unternehmen: ‚Gerade weil viele ehemalige Inhaber noch aktiv sind, musste man hier viel Überzeugungsarbeit leisten.‘ Es sei ihm wichtig gewesen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wann die Zeit für Veränderungen richtig sei und wie man die Balance zwischen unternehmerischer Freiheit und Standardisierung hinbekomme. ‚Hier sind wir wohldosiert vorgegangen, um alle Mitarbeiter abzuholen und niemanden vor den Kopf zu stoßen‘, meint er.“
„Von Roeder ist keine klassische Finanzerin. Wichtige Stärken, um mit einer agilen Konzerneinheit einen komplett neuen Markt zu erschließen, sind Kreativität und die Fähigkeit, strategisch zu denken“, heißt es über Vonovia-CFO Helene von Roeder.
Oder auch: „Sierk Poetting war eines der Gesichter der Coronakrise – auf der guten Seite. Als CFO des Impfstoffpioniers Biontech […] warb er dabei nicht nur um das Vertrauen der Öffentlichkeit, sondern steht auch im regelmäßigen Dialog mit der Bundesregierung.“
Neue Rollen der CFOs
Sensible Change Kommunikation, kreative Markt- und Brand-Strategien, transparenter Dialog mit der Öffentlichkeit? Auf einmal klingt die Rolle des CFOs jemandem wie mir, der sich Brand Storytelling auf die Fahne schreibt, wesentlich vertrauter als gedacht.
Tatsächlich verbringen laut einer McKinsey Studie im Jahr 2019 CFOs mittlerweile einen Großteil ihrer Zeit, nämlich 41 Prozent, mit Aktivitäten, die zwar datengestützte Entscheidungen im gesamten Unternehmen vorantreiben, aber nicht unbedingt Finanz-bezogen sind. Von den CFOs, die angaben, dass sie einen Großteil ihrer Zeit mit nicht-finanziellen Aufgaben verbringen, konzentrierten sich die Top3-Themen vor allem auf folgende Bereiche:
- Strategische Führung: 46%
- Organisatorischer Wandel: 45%
- Performance Management: 35%
CFOs werden heute also mehr denn je als Strateg:innen angesehen. Immer mehr von ihnen steigen schlussendlich zum CEO des Unternehmens auf. Sie sind dafür auch bestens ausgestattet. Immerhin basiert der Großteil der Entscheidungen in Organisationen auf Finanzdaten, die CFOs wie ihre Westentasche kennen sollten. Aber um auch die Rolle der strategischen Schnittstelle zu manifestieren, ist es wichtig, dass sie ein Narrativ rund um ihre finanziellen Insights aufbauen.
Financial Storytelling muss für viele Zielgruppen funktionieren!
Jede:r Finanzexpert:in, der oder die zum CFO aufsteigt, beherrscht sicherlich die technischen Aspekte der Tätigkeit. In der Rolle des modernen CFOs geht es daher um so mehr um „Financial Storytelling“; darum, die Geschichten hinter den Zahlen zu verstehen, zu erforschen und weiterzugeben um Veränderungen und Entscheidungen voranzutreiben.
In einem unserer früheren Blogpost erhaltet ihr einen Überblick über wesentliche Prinzipien des Data Storytelling.
Wie jede gute Erzählung sollten auch diese Finanzstorys einen vollständigen Bogen darüber spannen, wo das Unternehmen bisher stand, wo es jetzt steht und, was noch wichtiger ist, wohin es sich in Zukunft entwickeln könnte.
Um in ihrer Kommunikation erfolgreich zu sein, müssen CFOs aufpassen, nicht in ihrer Blase des Finanzjargons zu verharren. Wenn man intern mit anderen Führungskräften spricht, setzt man auf einer anderen Abstraktionsebene an, als wenn man mit dem Vorstand, Investor:innen oder Analyst:innen spricht. Und noch viel abstrakter bzw. allgemeinverständlicher muss man seine Analysen und Erkenntnisse rüberbringen können, wenn man an Mitarbeitende und die allgemeine Öffentlichkeit kommuniziert.
Die sechs Buchstaben der so genannten SUCCESs-Formel schaffen die perfekte Eselsbrücke, um selbst komplexe Inhalte mit wenigen Kniffen greifbar und verständlich zu machen. Was dahinter steckt, erfährst du in diesem Blogpost.
Es ist immer wichtig zu berücksichtigen, an welchen Stellen das jeweilige Publikum mehr Kontext benötigt. Manchmal gelingt dies durch zusätzliche Kennzahlen, manchmal muss eine Situation näher erläutert werden. Es geht nicht nur allein um die Finanzdaten, sondern sie stehen immer auch in Bezug zur Unternehmenskultur, zu lokalen und globalen Herausforderungen oder Anekdoten, die zeigen, wie das Geld verteilt wird.
Wie schaffen Finanzgurus, das Rationale mit dem Emotionalen zu vereinen?
“Erfolgsgeschichten gibt es in ganz Amerika zuhauf. Seit den Anfängen unseres Landes haben Menschen mit einer Idee, Ehrgeiz und oft nur wenig Kapital mehr Erfolg, als sie sich erträumt haben, indem sie etwas Neues geschaffen oder die Erfahrungen der Kunden mit etwas Altem verbessert haben.
Charlie und ich sind durch das ganze Land gereist, um uns mit vielen dieser Menschen oder ihren Familien zu treffen. An der Westküste begannen wir 1972 mit dem Kauf von See’s Candy mit unserer Arbeit. Vor einem ganzen Jahrhundert machte sich Mary See daran, ein uraltes Produkt anzubieten, das sie mit speziellen Rezepten neu erfunden hatte.
Zu ihrem Geschäftsplan gehörten auch malerische Läden mit freundlichem Verkaufspersonal. Aus ihrer ersten kleinen Filiale in Los Angeles entstanden schließlich mehrere hundert Läden, die über den ganzen Westen verteilt waren.
Auch heute noch erfreuen die Kreationen von Mrs. See die Kunden und bieten Tausenden von Frauen und Männern eine lebenslange Beschäftigung. Berkshires Aufgabe ist es einfach, sich nicht in den Erfolg des Unternehmens einzumischen. Wenn ein Unternehmen ein nicht lebensnotwendiges Konsumgut herstellt und vertreibt, ist der Kunde König. Und nach 100 Jahren ist die Botschaft des Kunden an Berkshire immer noch klar: Leg dich nicht mit meinen Süßigkeiten an!“
„Am Anfang steht ‚Dear Doris and Bertie‘ und am Ende nehme ich das weg […] Ich tue so, als wären sie ein Jahr lang weggewesen und ich berichte ihnen über ihre Investitionen.“
(Quelle)
Hier findet ihr weitere Beispiele erfolgreicher CEO-Briefe.
Finanzen und Daten treiben die Heldenreise eines Unternehmens voran!
„Ein Unternehmen ist wie ein Charakter in einem Buch, der eine Reihe von lebensverändernden Erfahrungen durchläuft. Ein Teil meiner Aufgabe ist es, potenziellen neuen Investor:innen die Geschichte von Vena zu vermitteln. Die Idee ist, sie in das Narrativ der Entwicklung unseres Unternehmens einzubeziehen, sein volles Potenzial aufzuzeigen und ihnen zu zeigen, wie sie eine Rolle bei dessen Verwirklichung spielen können“, so der CFO des Software-Unternehmens Vena Solutions, Darrell Cox. (Quelle)
Im Brand Storytelling orientiert man sich häufig an der Heldenreise nach Vogler. In zwölf Etappen durchläuft der oder die Held:in eine Reise der Transformation, angefangen von der vertrauten Welt, über die Schwelle zu neuen Abenteuern, Verbündeten und Feinden, Krisen, Belohnungen und wieder zurück. Durch all diese Kapitel erhält der/die Protagonist:in nicht nur materielle Erfolge, sondern auch ein sogenanntes Elixier, also zum Beispiel Wissen, Erfahrung, Werte, die es nach überstandenem Abenteuer weiter in die Welt zu tragen gilt. Jedes Geschäftsjahr ist mit etlichen Etappen wie diesen gespickt. Die Zahlen liefern den möglichen roten Faden, um all diese Episoden zu einem Narrativ zu verbinden, das Aktionär:innen wie auch interne Stakeholder mitreißen kann. Und genau das ist eine der wichtigsten Aufgaben eines CFOs heutzutage.
Weitere Inspirationen für Financial Storytelling gibt es auf unserer Seite zu Storytelling in Geschäftsberichten.
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